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corporAID MagazinSPONSORING-POST 04Z035763 S JÄNNER | FEBER 2013DAS ÖSTERREICHISCHE MAGAZIN FÜR WIRTSCHAFT, ENTWICKLUNG UND GLOBALE VERANTWORTUNGcorporAID ist eine Initiative vonWie China und Brasilien Motor der globalen Entwicklung wurdenTechnologie-Transfer: Mit dem BMVIT in neue MärkteRHI-CEO Franz Struzl im InterviewLord Meghnad Desai, der erste Leiter des Development Studies Institute der London School of Economics, spricht im Exklusiv-Interview über Chinas Zukunft, Entwicklungs-Indices und Wege aus der Armut.Ohne Kapitalismus keine Entwicklung/wiblattwirtschaftsblatt.atKlare Fakten zu Unternehmen & Märkten.Klare Entscheidung.4.253.000.000 Euro3.500 Patente99,6 Prozent530.000 PersonenInfos und Abo-Bestellung unter 01/514 14 DW 79 oder www.wirtschaftsblatt.at/abosetzte Red Bull im Jahr 2011 weltweit um.hält die voestalpine und ist damit das innovativste Unternehmen des Landes.aller Unternehmen sind Klein- oder Mittelbetriebe.arbeiten im Handel.409.194Unternehmengibt es in Österreich.So kurz vor Weihnachten eine gute Nachricht: Die weltweite Armut hat auch im Jahr 2012 abgenommen. Die Zahlen dazu wird uns die Weltbank erst 2013 liefern können, die Projektionen sind aber eindeu-tig. Was nicht heißt, dass es insbesondere in Afrika nicht noch sehr viel Armut gibt. Auch dort wird die Entwicklung vorankommen, wenn es wie in China, Indien oder Brasilien gelingt, Rahmenbedingunegn zu schaffen, in denen Unter-nehmen erfolgreich wirtschaf-ten können. Welche Länder es den BRIC-Staaten beim Wirtschaftswachstum nach-tun, lesen Sie ab Seite 22. Und wie die BRIC selbst Entwick-lungszusammenarbeit leisten, zeigt der Beitrag ab Seite 12. Ein weiteres aktuelles Thema: Dass Korruption nicht nur in Österreich, sondern weltweit ein Hindernis für Entwicklung darstellt, dazu der Artikel ab Seite 16. Wie immer bieten wir Ihnen auch interessante Interviews: ab Seite 24 mit dem Entwick-lungs-Ökonom Lord Meghnad Desai oder ab Seite 6 mit RHI-CEO Struzl. Dazu ab Seite 32 ein Überblick, wo sich „Entwick-lung“ studieren lässt. Eine anregende Lektüre!EditorialBERNHARD WEBERWirtschaft gestaltet Globalisierung.Und damit die Welt von morgen.Unternehmen schaffen Wohlstand.Und damit die Basis für Entwicklung.corporAID bewegt Unternehmen.Damit globale Armut von gestern wird.Unternehmen unterstützen corporAID:corporAID Magazin Jänner | Feber 201303IMPRESSUM Medieninhaber: ICEP Wirtschaft & Entwicklung GmbH, Möllwaldplatz 5, 1040 Wien, Tel. 01-9690254, offi ce@corporaid.at, www.corporaid.atHerausgeber: Bernhard Weber | Chefredakteur: Christoph Eder Chef vom Dienst: Harald Klöckl | Grafi k: Mihai M. MitreaRedaktion: Emily Amann, Barbara Coudenhove-Kalergi, Karen Kleinwort, Katharina Pechhacker, Verena Schweiger, Claudia Singer, Ursula WeberAnzeigen: Elisabetta De Luca Bossa, e.deluca@icep.atDruck: Styria GmbH & Co KG; Aufl age: 40.000 StückAbobestellung: abo@corporaid.atBLATTLINIE Als von politischen Parteien, Interessensvertretungen und Institutionen un-abhängige Initiative vertritt corporAID die Auffassung, dass wirtschaftliche Entwicklung eine entscheidende Grundlage von Armutsminderung und daher Globalisierung eine Chance für globale Entwicklung ist. Das corporAID Magazin möchte für globale Armutsbe-kämpfung etwas bewegen, indem es fundiert und sachgerecht zentrale Fragestellungen der Globalisierung für Wirtschaft und Gesellschaft beleuchtet, zum Verstehen des Zusam-menwirkens von Wirtschaft und Entwicklung beiträgt und die mit einer nachhaltigen Ge-staltung der Globalisierung verbundenen wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Chan-cen in den Horizont der österreichischen Wirtschaft rückt. corporAID bekennt sich zu den Grundsätzen der Meinungsfreiheit, der sozialen Gerechtigkeit, der öko-sozialen Markt-wirtschaft, des gegenseitigen Respekts sowie der Eigenverantwortung des Menschen.Die Ausgabe März | April 2013 des corporAID Magazins erscheint am 25.2.2013 im WirtschaftsBlatt.EINE INITIATIVE VONGEFÖRDERT VONDemner, Merlicek & BergmannDoDoppellentdeckeeen SiSe dide Welt der r OMauchc aufv..atWr miituunsesreiIRSCHFTS ENTFALTRAus dem Auspuff kommt nur WASSERDAMPF raus! Sonst nix.:RQHKPHQGLH.LQGHUQXUGLH(QHUJLHKHU"6LFKHUDXFKYRQGHU209'HQQZDVLPPHUVLHYRUKDEHQGLH209VRUJWKHXWHVFKRQIÙUGLH(QHUJLHYRQPRUJHQ)ÙU³VWHUUHLFKXQGJDQ](XURSD0HKUEHZHJHQ0HKU=XNXQIWHdaaiZc^cOj`jc[ic^X]iVaaZ6jidhjblZai[gZjcYa^X]jcY\Vcod]cZ8D'jciZglZ\hhZ^c4B^iLVhhZghid[[l~gZYVhb\a^X]#9ZcclZccLVhhZghid[[b^iHVjZghid[[gZV\^Zgi!YVccZcihiZ]Zccjg:cZg\^ZjcYLVhhZgYVbe[#zWg^\Zch^hiLVhhZghid[[\ZcVjhdh^X]Zgl^Z`dckZci^dcZaaZ@gV[i"hid[[Z#6jX]YZh]VaWigZ^WiY^ZDBKY^Z:cil^X`ajc\kdcLVhhZghid[[ojg:cZg\^Z[dgbYZgOj`jc[ikdgVc#6WW^aYjc\*/FjZghX]c^iiZ^cZhLVhhZghid[[VjidhLVhhZghid[[iVc`h7gZcchid[[oZaaZc:aZ`igdbdidgINTERVIEW MIT FRANZ STRUZL „Je älter ich werde, desto mehr möchte ich verändern“LEITARTIKEL Mehr Dialog bitte! DIE AKTUELLE ZAHL 26TERMINE & NACHLESEglobal.businessENTWICKLUNGSZUSAMMENARBEIT Selbsthilfe SüdKORRUPTION Geld weg, Armut bleibtWAHLEN 2013 Dauer-Präsident als TrendARMUTSREDUZIERUNG Berufl iche Bildung wirkt new.businessEMERGING MARKETS 2.0 Nächster Schritt: Jenseits von BRICINTERVIEW MIT LORD MEGHNAD DESAI Keine Alternative zum KapitalismusINNOVATION Turbo beim Technologie-TransferRENEWABLE ENERGY Mosambik ist Afrikas Bio-nierethical.businessGOOD PRACTICE Wer Österreich bewegtENTWICKLUNG STUDIEREN Reif für die InselWIRTSCHAFTSPARTNERSCHAFT Bauakademie am WestbalkanInhalt61010381112161920212224262829303236Alle Inhalte fi nden Sie auch auf www.corporaid.at24. Jänner 2013, 16.00 | Sky Lobby, Tech Gate Vienna, 1220 WienWie Urbanisierung in Emerging Markets nachhaltig wird – und was österreichische Unternehmen, Verwaltung und Forschung dazu beitragen können.EINE INITIATIVE VONGEFÖRDERT VONIN KOOPERATION MITInformation: www.corporaid.at | Anmeldung: multilogue@corporaid.atMultilogue Megatrend Sustainable Cities6122636CORPORAID: Die RHI ist nach einer schweren Krise rund um das Jahr 2009 wieder auf Wachstumskurs. Was haben Sie aus der Krise gelernt? STRUZL: Wie in vielen Unterneh-men hat auch in der RHI das Ma-nagement die Anzeichen der Krise zu spät erkannt und dann zu spät und zu wenig entschlossen reagiert. Die Kosten wurden viel zu halbher-zig heruntergefahren, und zwar zu einem Zeitpunkt, als die Rezession die Margen schon weggefressen hatte. Durch die allgemeine Unsi-cherheit und Unklarheit war auch die Information der Mitarbeiter völ-lig unzureichend. Wir haben heute das Ohr viel näher am internationa-len Geschehen und unsere Flexibili-tät deutlich erhöht. Sind das neue Anforderungen, de-nen sich Manager stellen müssen?STRUZL: Ich bin jetzt seit 1967 im Berufsleben, zuerst in der Stahlin-dustrie und jetzt in der RHI. Diese Volatilität, diese kurzfristigen und starken Amplituden – das ist neu, das würde ich als ein Phänomen der Globalisierung bezeichnen. Wir hatten früher in der Unter-nehmensführung viel mehr Zeit. Mit Ausnahme der Abschreibun-gen, die ich hinnehmen muss, ver-suchen wir heute praktisch alle Kosten zu variabilisieren, auch die Personalkosten.Was hat die Globalisierung neben der Volatilität noch gebracht?STRUZL: Ich sehe die Globali-sierung vor allem als Treiber des Wachstums, des Fortschritts, der weltweit vernetzten Innovation. Ein Beispiel: Wir betreiben heute vier Unternehmen in China, dazu haben wir ein Rohstoff-Joint Ven-ture, das uns Rohstofflieferungen in bestimmtem Umfang garantiert, und wir sind auch in der Forschung sehr aktiv. Auch wenn Österreich primäres Innovationszentrum ist, kommen Innovationen auch aus al-len anderen 33 Standorten, die wir auf der Welt betreiben. Die Globali-sierung birgt ungemeine Chancen und stellt gleichzeitig eine enorme Herausforderung dar.Hat die RHI diese Chancen der Globalisierung genutzt? STRUZL: Für die RHI war und ist die Globalisierung die Jahrhundert-chance in Länder zu gehen, wo das Kostenniveau deutlich günstiger ist. Wir haben ja heute Standorte in Chi-na, die nicht für den chinesischen, sondern für den europäischen Markt oder den südamerikanischen Markt arbeiten. Wir könnten in Eu-ropa diese Wertschöpfung sonst gar nicht zustande bringen.Können Sie die negative Sicht der Globalisierung, auf die man öfters stößt, nachvollziehen?corporAID Magazin Jänner | Feber 201306STRUZL: Für mich ist Globalisie-rung kein Schreckgespenst. Natür-lich kann ich manche Ängste, die damit verbunden sind, verstehen. Es herrscht hierzulande viel Angst davor, dass wir unsere Arbeits-plätze exportieren oder bei Innova-tionen den Anschluss verlieren. Die-se Ängste sind unbegründet, wenn wir uns den Herausforderungen der Globalisierung stellen. Natürlich be-deutet Globalisierung Veränderung, aber das ist für sich genommen nichts Schlechtes. Wir müssen diese für uns Österreicher etwas typische Lethargie und Unbeweglichkeit ab-legen. Über Jahrhunderte war für uns der Beamte die Krönung der Arbeitswelt. Die damit verbundene Mentalität müssen wir überwinden und veränderungsfreudiger wer-den. Wir schaffen es in unserem Unternehmen ja kaum, jemanden innerhalb von Österreich 100 oder 200 Kilometer von einem Standort zu einem anderen zu bewegen. Hat die Globalisierung für Sie auch schlechte Seiten? STRUZL: Ich sehe natürlich auch Opfer der Globalisierung. Negativ wird die Globalisierung dort, wo ihr das humanistische Denken abhanden kommt. Wenn wir schneller werden müssen und weniger bequem sein dürfen, ist das für mich aber kein Schaden. Insgesamt gesehen „Je älter ich werde, umso mehr möchte ich verändern.“Interview44 Jahre lang war Franz Struzl Manager in der Stahlindustrie. Nach einem siebenjährigen Intermezzo in Brasilien kehrte er 2011 nach Österreich zurück, um als Troubleshooter das Steuer des Feuerfest-Weltmarktführers RHI zu übernehmen und das Wachstum in den Schwellenländern voranzutreiben. DAS GESPRÄCH FÜHRTE BERNHARD WEBER.Ich sehe natürlich auch Opfer der Globa-lisierung. Negativ wird die Globali-sierung dort, wo ihr das humanisti-sche Denken abhanden kommt. FRANZ STRUZLÅcorporAID Magazin Jänner | Feber 201307FRANZ STRUZLDer heutige RHI-Chef wurde 1942 in Wiener Neustadt geboren, ging in der Steiermark zur Schule und trat nach dem Welthandel-Studium in Wien 1967 in die damalige Österreichische Alpine Montangesellschaft, die heutige Voestalpine AG, ein. Dort war er 14 Jahre Vorstandsmitglied, die letzten drei Jahre CEO. Von 2004 bis 2010 führte Struzl die Agenden der Villares SA, einer Tochter der Böhler Uddeholm AG nahe São Paolo in Brasilien. Im September 2011 wurde er zum Vorstandsvorsitzenden der RHI AG bestellt. Struzl ist verheiratet und hat vier Kinder. FOTO: MIHAI M. MITREAIn Brasilien scheint die Entwick-lung der RHI ebenfalls zu stocken. STRUZL: Brasilien geht immer noch den Weg des Exports von Roh-stoffen. Und wenn dann die Luft dünn wird, werden Importzölle oder Dumpingmaßnahmen erfunden. Vor kurzem wurde dort beschlos-sen, 35 Prozent Importzoll auf Feu-erfest-Produkte einzuheben – und auch auf Rohstoffi mporte sind Zölle geplant. Da können Sie sich von je-der Wirtschaftlichkeit verabschie-den. Wir haben gegen nationale An-bieter nichts zu bestellen, solange wir unser Magnesit aus der Türkei oder China zuliefern müssen. Des-halb ruhen jetzt einmal unsere Bau-pläne. Wenn wir als RHI in Brasi-lien den Zugang zu nationalen und hochqualitativen Rohstoffen fi nden, werden wir allerdings sofort weiter investieren. Wie sehen Sie Afrika? STRUZL: Langfristig sehe ich Afri-ka als höchst interessant. Wir sind in Nordafrika schon in den Stahl-werken tätig, für Misrata in Libyen produzieren wir wieder, nach Ägyp-ten liefern wir auch wieder. Aller-dings werden wir dort noch lange nicht in einen Produktionsstandort investieren. Besonders in Subsaha-ra-Afrika ist die Gesetzeslage noch relativ unberechenbar. Für mich ist der Kontinent noch nicht gut genug für den globalen Wettbewerb auf-gestellt. Die Wirtschaftstreibenden der Welt sollten helfen, dort Struk-turen für Industrie zu schaffen, und nicht nur Bodenschätze mitnehmen. Und Ihre Perspektiven für Indien?STRUZL: Indien sehe ich jetzt ex-trem positiv. Zwar ist vieles dort sehr, sehr kompliziert, aber die 08Von unseren 33 Standor-ten befi nden sich elf in Emerging Markets. Es ist für uns ganz klar, dass wir dort für die Entwicklung des gesamten Umfelds Ver-antwortung tragen. FRANZ STRUZLDie börsennotierte RHI AG ist der weltgrößte Produzent von Feuerfest-Produkten für die Stahl-, Zement- oder Glasindustrie. 8.100 Mitarbeiter arbeiten an 33 Produktionsstätten in Europa, Asien, Nord- und Südamerika sowie in 70 Verkaufs- und Servi-cebüros. Die Anfänge der RHI-Vorgängerfi rmen reichen bis ins Jahr 1834 zurück, 1899 haben die Veitscher Magnesitwerke die Produktion im heutigen Österreich aufgenommen, 1987 entstand die Radex Heraklith Industriebeteiligungs AG. Im Geschäftsjahr 2011 erzielte der Konzern einen Umsatz von 1.758 Mio. Euro sowie ein EBIT von 150,9 Mio. Euro.RHI AGDAS UNTERNEHMENWIENERBERG: Headquarter der RHI AGStahlindustrie wird dort die welt-weit höchsten Zuwachsraten haben. Das Land ist in einer Situation wie China vor einigen Jahren. Die Inder importieren rund ein Drittel ihres Stahls und versuchen zunehmend, dieses Drittel durch Produktion im eigenen Land zu substituieren. Das gibt uns eine sehr gute Position. Wir werden in Indien weiterhin wach-sen, in einem geordneten Umfeld und auch mit sozialer Einbindung in die Gesellschaft. Schreiben Sie der RHI in Ländern wie Indien, Brasilien oder Mexiko eine besondere Verantwortung zu? STRUZL: Von unseren 33 Stand-orten befi nden sich elf in Emerging Markets. Es ist für uns ganz klar, dass wir dort für die Entwicklung des gesamten Umfelds Verantwor-tung tragen. Gleichzeitig sehen wir uns in diesen Ländern mit unter-schiedlichsten Herausforderungen konfrontiert: hohe Konkurrenzdich-te, Unterschiede bei Rohstoffprei-sen, Zugang zu Rohstoffen, hohe Fluktuation von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern etc. Wir versu-chen, dieses Umfeld mitzugestalten und Antworten auf die Herausforde-rungen zu fi nden. Um ein aktuelles Beispiel zu nen-nen: In der Türkei setzen wir gerade eine Feasibility Study um, wie ein globales CSR-Programm zum The-ma Employability ausschauen könn-te. Wir überlegen uns, wie sich die RHI in die technische Berufsausbil-dung junger Menschen in Ländern wie Türkei, Mexiko, Brasilien oder Indien einbringen kann. Wenn das klappt, sollten die jungen Leute et-was davon haben, weil sie bessere Berufschancen haben, und auch die sind wir jedenfalls gerade in Öster-reich ganz sicher ein großer Profi teur. Wie sehen Sie die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen in Europa?STRUZL: Ich kritisiere sehr stark die europäische Haltung, die bewusst oder unbewusst eine Entindustrialisierung Europas vo-rantreibt. Es gibt immer mehr Res-triktionen, Steuern, Verordnungen und sonstige Hürden, die es schwe-rer und schwerer machen, hier in Europa wirklich viel Kapital zu investieren. Die USA scheinen hier wieder den anderen Weg zu gehen und Industrie bewusst aufzubauen, nicht einen Abbau hinzunehmen. Auch wir in Europa müssen den Spieß wieder umdrehen.Wo liegen die Wachstumsmärkte der RHI? STRUZL: Wir werden in Eu-ropa nur mehr partiell wach-sen und wollen langfristig durch Produktionsbetriebe in Brasilien, USA, Russland und Indien wachsen. In China nicht mehr, denn China ist immer we-niger berechenbar, dort ändern sich fast täglich die rechtlichen Rah-menbedingungen. Die RHI ist viel-leicht überhaupt die einzige Firma in die-ser Branche, die sich sukzessive vom Kauf chinesischer Roh-stoffe zurückzieht – wir können das aufgrund unserer Eigenversorgungs-strategie.corporAID Magazin Jänner | Feber 2013Ich bin überzeugt, dass wir in Schwellen-ländern ein Motor für Entwicklung sind. Wir tragen dort wesentlich zur Wert-schöpfung bei und schaffen Arbeitsplätze.FRANZ STRUZL09FRANZ STRUZL im Gespräch mit Bernhard WeberUNTERNEHMEN, NICHT UNTERLASSEN: RHI-CEO Franz StruzlcorporAID Magazin Jänner | Feber 2013RHI, weil wir bessere Mitarbeiter bekommen. Ich bin überzeugt, dass wir in Schwellenländern ein Motor für Entwicklung sind. Wir tragen dort wesentlich zur Wertschöpfung bei und schaffen Arbeitsplätze. Gleich-zeitig wollen wir an all unseren Standorten ein verantwortungsvol-ler Partner sein, um die Lebens-umstände der Mitarbeiter und der Bevölkerung zu verbessern und nachhaltigen Wohlstand zu generie-ren. Wir sind nicht wie die Chine-sen in Afrika, ganz im Gegenteil. Was bedeutet nachhaltiges Wirt-schaften für die RHI?STRUZL: Wir haben gerade einen Vision-Strategie-Werte-Prozess ab-geschlossen und festgelegt, 2020 einen konzernweiten Umsatz von 3 Milliarden Euro und eine EBIT-Marge von 12 Prozent zu erzielen. Unsere Aufgabe ist es natürlich auch, Gewinne zu erwirtschaften, was letztendlich zu einem höheren Börsenkurs führt. Auf der anderen Seite wollen wir natürlich auch mehr Wachstum, mehr Wohlstand schaffen, mehr Verantwortung für Umwelt und unser Umfeld überneh-men. Überall, ob in Europa oder in Entwicklungsländern, sind wir be-strebt, auch nachhaltig zu wachsen. Das geht aber nur durch Investitio-nen, und Investitionen gibt es nur bei Gewinn. Ich setze auf nachhalti-ge Unternehmensführung, die lang-fristigen Wert schafft.Wie schaffen Sie es, Nachhaltig-keit und Wachstum zu verbinden?STRUZL: Wachstum ohne Nachhal-tigkeit ist auf Dauer zerstörerisch. Konkret bedeuten Nachhaltigkeit und Verantwortung für uns eine ausgewogene Balance zwischen Profi tabilität und Kosteneffi zienz, eine verantwortungsvolle Nutzung von Ressourcen und Verantwortung gegenüber der Gesellschaft – sozi-ales Engagement, Einhaltung der Menschenrechte, Förderung von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Mit der Etablierung einer Nachhal-tigkeitsstruktur, die vom Vorstand gesteuert wird, und eines Nachhal-tigkeitsberichts, den wir nun jähr-lich veröffentlichen, haben wir un-serem Nachhaltigkeitsmanagement eine neue Struktur gegeben und das Thema in der Unternehmensstrate-gie verankert.Wie geht die RHI mit Herausforde-rungen im Bereich Umwelt- und So-zialstandards oder Korruption um? STRUZL: In einigen Ländern ist Korruption noch ein Thema, mit dem man konfrontiert ist. Bei den Sozialstandards sind wir gut auf-gestellt und unsere Standards bei Bezahlung und Arbeitssicherheit liegen deutlich höher als die jeweils nationalen. Zum Beispiel China: Wir exportieren von dort nur des-halb, weil wir wegen unserer Stan-dards mit chinesischen Unterneh-men nicht mithalten können und um 20 Prozent teurer sind. Viele unserer rund 2.000 Konkurrenten in China sind Garagenfi rmen, Fa-milienunternehmen, die irgendwo ihre eigene Tongrube haben und in einer kleinen Werkstätte produzie-ren. Die haben noch nie etwas von Sozial- oder Umweltstandards ge-hört. Langfristig wird es sich dann umkehren, weil auch die Chinesen beim Thema Sicherheit und im CO2-Regime nachlegen müssen.Sie haben Ihr Leben lang Expan-sion vorangetrieben. Was ist Ihr Antrieb? STRUZL: Je älter ich werde, umso mehr möchte ich verändern. Huma-nistischer Fortschritt ist mein Cre-do. Ich wehre mich gegen eine Glo-balisierung oder ein Wachstum, die grundsätzlich gegen humanistische Prinzipien verstoßen. Unternehmen, nicht unterlassen – das ist auch für mich ein Wahlspruch –, täglich etwas Neues machen, zusammen-arbeiten. Wenn ich allein in einem Labor einen Impfstoff entwickeln müsste, wäre ich nicht glücklich.Gab es so etwas wie eine prägen-de Erfahrung in Ihrem Berufsleben? STRUZL: Ich war vor meiner Tätig-keit bei der RHI sieben Jahre CEO eines Stahlwerks in Brasilien. Da war ich auf mich allein gestellt wie in meinem ganzen Leben nicht. Ich konnte vielleicht fünf Wörter Por-tugiesisch und hatte keine Bekann-ten. Und da musste ich plötzlich Fabriken zusperren, alles auf einen Standort konzentrieren, dem Werk neuen Drive geben. Dann habe ich diesen Zusammenhang zwischen Wachstum, Profi t und sozialem En-gagement klarer erkannt. Wir haben eine Kantine gebaut und die Mitar-beiter versichert. Das war in Bras-lien relativ neu. Viele junge Leute, die uns der Bürgermeister der Stadt quasi übergeben hatte, wurden bei uns ausgebildet, hatten überhaupt einmal etwas zu tun, das sie später anwenden konnten. Das, so meine ich, ist schon gesellschaftliche Ver-antwortung. Und davon habe ich in Brasilien sehr viel gelernt. Vielen Dank für das Gespräch!FOTOS: MIHAI M. MITREA, RHINext >