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AID MAI | JUNI 2013UND GLOBALE VERANTWORTUNGcorporAID ist eine Initiative vonDie Oesterreichische Entwicklungbank ist fünf Jahre jungWie fünf globale Megatrends die Zukunft gestaltenZumtobel-CEO Harald Sommerer im InterviewDas Shared Value-Konzept von Michael Porter soll den Weg zum wirtschaftlichen Erfolg und zur Lösung globaler Herausforderungen ebnen. Was diese „höhere Form des Kapitalismus“ kann. Und was nicht.Werte schaffen – Probleme lösen wirtschaftsblatt.at/wiblattInfos und Buchungen: 01/601 17 DW 193 oder per E-Mail an anzeigen@wirtschaftsblatt.atKlare Fakten aus Ihrem Bundesland.Klare Entscheidung.WirtschaftsBlatt Regional.Jedem Bundesland seinWirtschaftsBlatt Regional.Für alle Manager, Unternehmer und Top-Entscheider Österreichs.9 Zeitungen.9 Bundesländer.206.678 Stück Auflage.Ab sofortregionalisiert buchbar. Ohne Streuverlust.Ab 8. Mai monatlich.Egal, wie man Megatrends defi niert und selektiert – die heutigen Entwicklungsländer werden zukünftig eine größere Rolle in der Strategie der Unternehmen einnehmen. Das war der Sukkus der corporAID Konferenz am 22. April in der RZB. Wir freuten uns über das große Interesse – einen Rückblick ab Seite 24. Aus-führlichere Information bald auf unserer Webseite. Die Oesterreichische Entwick-lungsbank ist ein Instrument der österreichischen Ent-wicklungspolitik, das hei-mische Unternehmen dabei unterstützen soll, die sich aus den Megatrends ergebenden Chancen wahrzunehmen – und mit dem eigenen Business auch den Wohlstand in den Entwicklungsländern nachhal-tig voranzutreiben. Über die ersten fünf Jahre OeEB lesen Sie ab Seite 12.Dazu berichten wir ab Seite 30 in diesem Heft über das Sha-red Value Konzept, im Ausblick auf eine corporAID Multilogue-Veranstaltung am 15. Mai. Au-ßerdem ab Seite 6 das große Interview mit Zumtobel-CEO Harald Sommerer. Eine anregende Lektüre!EditorialBERNHARD WEBERWirtschaft gestaltet Globalisierung.Und damit die Welt von morgen.Unternehmen schaffen Wohlstand.Und damit die Basis für Entwicklung.corporAID bewegt Unternehmen.Damit globale Armut von gestern wird.Unternehmen unterstützen corporAID:corporAID Magazin Mai | Juni 201303IMPRESSUM Medieninhaber: ICEP Wirtschaft & Entwicklung GmbH, Möllwaldplatz 5, 1040 Wien, Tel. 01-9690254, offi ce@corporaid.at, www.corporaid.atHerausgeber: Bernhard Weber | Chefredakteur: Christoph Eder Chef vom Dienst: Harald Klöckl | Grafi k: Mihai M. MitreaRedaktion: Lucia Czernin, Barbara Coudenhove-Kalergi, Katharina Kainz-Traxler, Karen Kleinwort, Ursula WeberAnzeigen: Elisabetta De Luca Bossa, e.deluca@icep.atDruck: Styria GmbH & Co KG; Aufl age: 40.000 StückAbobestellung: abo@corporaid.atBLATTLINIE Als von politischen Parteien, Interessensvertretungen und Institutionen un-abhängige Initiative vertritt corporAID die Auffassung, dass wirtschaftliche Entwicklung eine entscheidende Grundlage von Armutsminderung und daher Globalisierung eine Chance für globale Entwicklung ist. Das corporAID Magazin möchte für globale Armutsbe-kämpfung etwas bewegen, indem es fundiert und sachgerecht zentrale Fragestellungen der Globalisierung für Wirtschaft und Gesellschaft beleuchtet, zum Verstehen des Zusam-menwirkens von Wirtschaft und Entwicklung beiträgt und die mit einer nachhaltigen Ge-staltung der Globalisierung verbundenen wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Chan-cen in den Horizont der österreichischen Wirtschaft rückt. corporAID bekennt sich zu den Grundsätzen der Meinungsfreiheit, der sozialen Gerechtigkeit, der öko-sozialen Markt-wirtschaft, des gegenseitigen Respekts sowie der Eigenverantwortung des Menschen.Die Ausgabe Juli | August 2013 des corporAID Magazins erscheint am 27.6.2013 im WirtschaftsBlatt.EINE INITIATIVE VONGEFÖRDERT VONKommen Sie im Business entspannter und schneller an.In neuer ÖBB-Bestzeit von Wien nach München: ab jetzt in nur 3:53 Stunden. Alle Infos auf oebb.at Fahrzeit von 3:53 h seit 09.12.2012 auf der Strecke Wien-München ausschließlich mit den ÖBB railjet-Zügen. Bei der angegebenen Fahrzeit handelt es sich um die schnellstmögliche Verbindung auf der angegebenen Strecke. Alle Informationen zu den Fahrzeiten unter oebb.at oder beim ÖBB-Kundenservice 05-1717.KPMG – Ihr Partner für Nachhaltigkeit„Als Beratungsunternehmen, das CC&S Dienstleistungen anbietet, ist es für KPMG ebenso notwendig wie selbstverständlich, sich zur Nachhaltigkeit zu bekennen. Unsere Klienten erwarten von uns, dass wir ein verantwortungsvolles Unternehmen sind, das über ein entsprechendes Programm verfügt. Zwei Beispiele, wie KPMG International diesen Erwartungen begegnet, sind das Carbon Disclosure Project (CDP) und die Global Green Initiative (GGI).“ Mag. Peter Ertl, Partner KPMG kpmg.atINTERVIEW MIT HARALD SOMMERER Wer‘s gut macht, wächst haltLEITARTIKEL MegatrendsDIE AKTUELLE ZAHL 500TERMINE & NACHLESEglobal.businessENTWICKLUNGSBANK Startphase abgeschlossenMILLENNIUM DEVELOPMENT GOALS Der Weg ist das Zielnew.businessTÜRKEI Business-Brücke nach AsienENTWICKLUNG DURCH BILDUNG Zauberformel 80/20CORPORAID-KONFERENZ Globale Megatrendsethical.businessGOOD PRACTICE Wer Österreich bewegtSHARED VALUE Probleme lösen mit Profi tPHILANTHROPIE Die Clubs der großen GeberADA-WIRTSCHAFTSPARTNERSCHAFT Alpla-Lehrlingsausbildung in MexikoInhalt 6101038111216192023242728303436Alle Inhalte fi nden Sie auch auf www.corporaid.at62412corporAID Magazin Mai | Juni 201306HARALD SOMMERERDer 1967 geborene Wiener ist Doktor der Sozial- und Wirtschaftswissenschaften der Wirtschaftsuniversität Wien und Master of Management der Kellogg School of Management, Northwestern Univer-sity (USA). 1997 wurde Sommerer in den Vorstand der AT&S Austria Technologie & Systemtechnik AG geholt, wo er von 1998 bis 2005 als Finanzvorstand und von 2005 bis Anfang 2010 als Vorstandsvorsitzender fungierte. Anfang Mai 2010 folgte seine Be-stellung zum Vorsitzenden des Vorstands der Zumtobel AG.CORPORAID: Kann man sagen, dass Zumtobel die Finanz- und Wirt-schaftskrise gut überstanden hat?SOMMERER: Wir müssen beim Wort Krise differenzieren, es gibt hier für Zumtobel zwei Faktoren. Das eine ist die Baukonjunktur: Der private Wohnbau läuft halbwegs, bei öffentlichen Bauten und im Indust-riebereich, wo wir ja zu Hause sind, passiert wenig. Das schlägt selbst-verständlich auf unseren Geschäfts-erfolg durch. Der andere Faktor ist der Wandel im Lichtbereich, weg von den konventionellen Lichtquellen in Richtung LED. Das bringt natürlich viel Veränderung mit sich, weil alte Produkte nicht mehr verwendet werden können, neue entwickelt werden müssen und neue Spieler in den Markt kommen. Es ist eine Pha-se des Wandels, die man als Chance begreifen kann: Eine Neuordnung der Industrie, wo sich herausstellen wird, welche Spieler diese Trends besser erkennen und die richtigen Schritte setzen. Klar wäre es ange-nehmer, diesen Wandel in einer gu-ten Konjunkturlage zu vollziehen. Wohin geht dieser Wandel?SOMMERER: Es geht ganz klar in Richtung Halbleiter-Technologien, derzeit LED, in ein paar Jahren auch O-LED, organische LED. Man kennt das aus der Unterhaltungselektro-nik, wir bringen diese Technologie in die Lichtwelt. Bei Strahlerpro-dukten – wo heute Halogen-Techno-logien eingesetzt werden – rechnet sich der höhere Preis durch Energie-einsparungen innerhalb von zwei Jahren. Bei Flächenlicht, das gegen Leuchtstoffröhren antritt, dauert es etwas länger. Aber der Siegeszug der LED ist vorgezeichnet. Die Frage ist heute, wie schnell man ein gutes Produktportfolio aufstellen und die Steuerungssysteme dazu anbieten kann – mit Energieeinsparungen von 60 bis 70 Prozent. Wenn man bedenkt, dass Licht weltweit 19 Pro-zent der Elektrizität verbraucht, sieht man, welche Auswirkung die-se neue Technologie auf der Mak-roebene erreichen kann. Sie sind also ganz überzeugt, dass sich LED durchsetzen wird?SOMMERER: Wenn Sie mich vor drei Jahren gefragt hätten, ob LED tatsächlich kommt, hätte ich gesagt: Ja, sie kommt, aber sie ist halt noch nicht da. Und wenn Sie mich heute fragen, sage ich Ihnen: Sie ist schon da. Wir haben in der Zumtobel-Grup-pe heute schon einen LED-Anteil von über 20 Prozent. Und der wächst schnell. Der Proof of Concept für diese Technologie ist also erbracht. Es gehen auch die Preise für LED-Lichtquellen bereits rasant zurück.Sind auch neue Märkte ein Thema? SOMMERER: Selbstverständlich. Wir machen immer noch fast 80 Pro-zent unseres Umsatzes in Europa, obwohl wir in den USA, Asien, Aus-tralien und Neuseeland schon lange präsent sind. Und das wollen wir gleichmäßiger verteilen. Das geht aber auch nicht von heute auf mor-gen, weil unser Geschäft sehr stark ein Beziehungsgeschäft ist. Unsere Kunden sind tausende Architekten, Installateure, Elektriker, Bauherren – das sind jetzt nicht fünf große Kun-corporAID Magazin Mai | Juni 201307den, die man in einem neuen Markt akquirieren kann. Das ist einerseits unser Schutz in Europa gegen neuen Wettbewerb, das heißt andererseits aber auch, dass Wachstum außer-halb dieser Regionen aufwändig ist, es halt eine Zeit braucht, bis man hier entsprechend aufgestellt ist.Wie stehen Sie rein persönlich zur Globalisierung?SOMMERER: Globalisierung be-deutet für mich eine enorme, welt-weite Wohlstandssteigerung. In China hat man ein paar hundert Millionen Menschen aus der Armut gebracht. Und natürlich gibt es bei solchen Transformationen viele ne-gative Punkte. Wenn Sie bislang einen geschützten Markt gehabt ha-ben und auf einmal haben Sie einen Konkurrenten aus China, fühlen Sie sich nicht so wohl. Globalisierung bringt sicherlich mehr Konkurrenz, bei der unterschiedliche Arbeits-märkte gegeneinander antreten, führt aber in Summe zu einer enor-men Wohlstandssteigerung. Man darf jetzt die Verteilungsfragen und arbeitsrechtlichen Fragen, die es in so jungen Märkten eben öfter gibt als in reiferen Märkten, nicht als Argumente nehmen, um die Globa-lisierung in Frage zu stellen. Es ist einfach noch viel zu tun, damit der Wettbewerb fairer wird und Sozial-standards eingehalten werden. Ge-rade bei Sozialstandards muss man sich aber in Erinnerung rufen, wie die Menschen in China vor dreißig Jahren gelebt haben und wie sie heu-te leben. Wir sind bei weitem nicht dort, wo wir sein sollten, aber ÅWer‘s gut macht, wächst haltInterviewHarald Sommerer hat ein gutes Gefühl, wenn er mit Zumtobel-Leuchtprodukten einen Beitrag zur Umwelt leisten kann. Als Manager muss er sein Unternehmen in einem harten Wettbewerb an die Spitze bringen, mit intelligenten Produkten. DAS GESPRÄCH FÜHRTE BERNHARD WEBERIch bin ein großer Fan der Globalisierung.H. SOMMERERFOTO: MIHAI M. MITREAda sind schon enorme Verbesserun-gen eingetreten. Die Diskussion um die Globalisierung wird halt sehr oft vereinfacht und populistisch ge-führt. Ich bin jedenfalls ein großer Fan der Globalisierung. Und wir se-hen es ja auch in der Entwicklungs-hilfe. Welches System hat besser funktioniert? Den Wohltäter spielen und irgendwo Geld runterüberwei-sen oder Ländern eine wirtschaftli-che Entwicklung ermöglichen?Auch Wachstum ist hierzulande ein negativ besetzter Begriff. Wie-so will man vor allem die Kollate-ralschäden von Wachstum sehen?SOMMERER: Im Grunde ist es ja so, dass es wenige Beispiele gibt, wo Unternehmen ihr Glück im Schrumpfen gefunden haben. Dabei klammere ich einmal jene aus, die sich einfach zu breit aufge-stellt und mit Akquisi-tionen ein wildes Un-ternehmensportfolio zusammengekauft haben. Da kann Fokussierung und Schrumpfen Sinn ma-chen. Wachs-tum ist für ein Unternehmen ja nicht das Ziel per se, aber wenn man’s gut macht, wächst man halt. Und Wachs-tum ist volks-wirtschaft-lich gesehen notwendig, weil ja auch die Bevölkerung weltweit wächst. Eine Weltwirtschaft ohne Wachs-tum bedeutet nichts anderes als: Der Einzelne wird ärmer. Jetzt können wir als entwickelte Länder den är-meren Ländern nicht gut das Wach-sen verbieten. Deswegen brauchen wir Wachstum und wir müssen die dabei entstehenden Herausforderun-gen vor allem technologisch lösen. Und da ist die LED-Technologie in unserer Branche ein Thema. Wie bringt Zumtobel Wachstum und Nachhaltigkeit auf die Reihe? SOMMERER: Zunächst in dem Sinn, dass wir Wachstum als lang-fristiges Phänomen sehen und wir uns Marktanteile verdienen und nicht erkaufen. Inhaltlich gesehen haben wir das Glück, dass unser Wachstum zunehmend auf dem The-ma Energieeffi zienz fußt. Wenn es uns gelingt, die Kunden zu überzeu-gen, dass eine Lichtlösung mit neu-en Technologien eine Energieeinspa-rung von 70 Prozent möglich macht – dann haben wir Geschäftserfolg und de facto auch dazu beigetragen, der Umwelt zu helfen. Wobei für die Energieeffi zienz Lichtsteuerungs-systeme die größere Rolle spielen als die LED-Technologie. Die Einspa-rungen sind am höchsten, wenn das Licht abgedreht ist, solange man es nicht braucht.Dazu kommt, dass das Wohlbe-fi nden des Menschen sehr eng mit Licht verknüpft ist. Wir haben zum Beispiel im Industriebereich gezeigt, dass Nachtschichtarbeiter nach der Arbeit besser schlafen, wenn wäh-rend der Schicht das Licht gemischt und das im Tagesverlauf wechseln-de Licht der Sonne nachgebildet wird. Wir wissen auch aus Tests in Seniorenheimen, dass dort der Me-dikamentenverbrauch – vor allem bei Schlaftabletten – dramatisch zurückgeht, wenn die Beleuchtung richtig eingestellt ist. So gesehen ist es schön, weltweiter Innovationstrei-ber zu sein und eine Unternehmens-strategie zu fahren, die einen wert-vollen Beitrag für die Welt liefert. Wie sehen Sie die Rahmenbedin-gungen in Österreich für internatio-nale Unternehmen?SOMMERER: Das Headquarter der Gesellschaft liegt in Dornbirn, mit einem Schwerpunkt auf Forschung und Entwicklung. Wir brauchen auch Forschung und Entwicklung in anderen Ländern. Das ist des-wegen wichtig, weil wir ja keine globalen Produkte haben. Bauli-che Voraussetzungen, Regelwerke, selbst Strom ist in Europa anders als in Asien oder USA. Und in China ist es anders als in Japan. Insofern brauchen wir Strukturen, die Hand-lungsfreiräume in den Regionen zulassen. Eine Wachstumsstrategie in China kann nicht aus Dornbirn dirigiert werden. Unser Investment in anderen Ländern richtet sich dabei nicht ge-gen den heimischen Arbeitsplatz. Diese Denkweise gibt es ja. Doch wenn ein Unternehmen seine Ferti-gung nach China verlagert, ist das kein böser Akt. Solche Arbeitsplätze sind in Europa einfach nicht zu hal-ten. Daher ist eine Verlagerung 08FOTOS: MIHAI M. MITREA, ZUMTOBELcorporAID MagazinMai | Juni 201Wachstum ist für ein Unternehmen ja nicht das Ziel per se, aber wenn man’s gut macht, wächst man halt. H. SOMMERERDie Zumtobel-Gruppe mit Konzernsitz in Dornbirn zählt zu den wenigen Global Playern der Lichtindustrie. Aus der 1950 gegründeten „Elektrogeräte und Kunstharzpresswerk W. Zumtobel KG“ hervorgegangen und seit 2006 an der Wiener Börse notiert, erwirtschaftete das High-Tech-Unternehmen mit 7.500 Mitarbeitern im Geschäftsjahr 2011/12 einen Konzernumsatz von 1,28 Mrd. Euro. Der Lichtkonzern, europä-ischer Marktführer im Bereich professionelle Beleuchtung und weltweit führend bei Betriebs-geräten und Lichtsteuerung, ist mit 21 Produktionsstätten in vier Kontinenten sowie Vertriebs-gesellschaften und -partnern in über siebzig Ländern präsent. Zumtobel AGDAS UNTERNEHMENFLUGHAFEN BEIJING Lichtlösung von Zumtobelsinnvoll, weil letztendlich das Un-ternehmen gesund sein muss, um in Folge wiederum in Österreich zu investieren und Technologie und Innovation weiter zu treiben. Mitar-beiter sind in Europa teurer als in China – das ist so. Gleichzeitig ha-ben wir hier einen breiteren Ausbil-dungsstand. Daher muss man sich überlegen, was ich sinnvollerwei-se wo mache. Das kann auch dazu führen, dass man ein Geschäft hier schließen muss und woanders ei-nes aufmacht. Aber das ist das, was Schumpeter als „kreative Zerstö-rung“ bezeichnet hat. Das hat Kraft im Wirtschaftsleben. Doch wenn man ein politisches System hat, das eher auf Bewahren ausgerichtet ist, dann kommt’s zwar zur Zerstörung, aber nicht zur kreativen. In einem starren Umfeld ist es unheimlich schwierig, etwas Neues aufzubauen. Haben Unternehmen eine Verant-wortung, gerade in ärmeren Län-dern das Umfeld mit zu gestalten? SOMMERER: Natürlich haben sie als Unternehmen Verantwortung, ihr eigenes Umfeld so zu gestal-ten, dass sie sagen können: Das ist in Ordnung, das ist fair gegenüber den Mitarbeitern. Bei Themen wie Arbeitssicherheit gibt es für mich keine Kompromisse. Das Menschen-leben ist dort und da gleich viel wert und wir sollten – wenn wir an das Sicherheitsthema glauben – nach einheitlichen Standards in-vestieren, in China genauso wie in Europa. Ich habe auch schon für eine an-dere Firma in China Investitionen gemanagt, und die Investition hat sich damals in ihrer Qualität nicht von einer in Österreich unterschie-den. Viele haben damals gesagt: Ihr seid verrückt, ich geh doch nicht nach China und baue dann so teu-er. Ich habe das nicht hauptsächlich deswegen so gemacht, weil ich mich für einen besonders guten Men-schen halte, sondern aus wirtschaft-lichem Kalkül. Denn im Endeffekt haben wir ein Umfeld geschaffen, das das Unternehmen für Talente attraktiv macht, wo wir uns auch entwickeln konnten, produktmäßig, technologisch. Mit diesem Ansatz sind wir goldrichtig gefahren. Chi-na hat zwischenzeitlich insbeson-dere die Umweltstandards enorm corporAID Magazin Mai | Juni 2013H. SOMMERER im Gespräch mit Bernhard Weberverschärft. Deren Einhaltung wird zwar nicht flächendeckend kont-rolliert, aber Sie machen sich er-pressbar, wenn Sie’s nicht haben. Es hat sich also auch wirtschaftlich wirklich ausgezahlt, diesen Weg zu gehen.Wie sieht es mit Korruption aus?SOMMERER: Ich bin schon viele Jahre in Ländern wie Indien und China tätig – meine Erfahrung dazu ist ganz einfach: Wenn Sie nie anfangen, dann geht das auch ohne Korruption. Irgendwann sagt beispielsweise die Zollbehörde: Das sind halt die Narrischen, die zah-len nicht. Aber deren Leben wird ja auch nicht einfacher, wenn sie uns immer behindern. Am Anfang wird es manchmal vielleicht ein bisschen länger dauern, aber mit der Zeit wird akzeptiert, dass man nicht zahlt. Und gerade internationale Unternehmen können sich Korrupti-on heute gar nicht mehr leisten. Da muss man wirklich sagen: Wehret den Anfängen. Schwieriger ist es manchmal zu definieren, wo Kor-ruption anfängt und wo sie aufhört. Diese Diskussion haben wir ja in Österreich auch. Jetzt darf man ja als Unternehmen nicht einmal mehr einen öffentlich Bediensteten zum Essen einladen. Ich wäre nie auf die Idee gekommen, dass das Korrupti-on ist – und ich bin da sehr strikt. Wie sehen Sie die gesellschaftli-che Verantwortung von Zumtobel?SOMMERER: Wir bekommen jeden Tag Anfragen um Unterstützung. Und weil wir nicht alles unterstüt-zen können, müssen wir Regeln auf-stellen – das versuchen wir gerade mit unserem Corporate Citizenship Programm. In einem globalen Un-ternehmen ist das nicht einfach: Die Themen sind regional sehr unterschiedlich. In Österreich, wo wir ein sehr ausgeprägtes soziales Netzwerk haben, müssen Sie mit dem Thema anders umgehen als in Ländern wie Indien. Gleichzei-tig muss Corporate Citizenship als Management-Tool einen Bezug zum und einen direkten Nutzen für das Unternehmen haben. Das betrifft beispielsweise die Reputation als guter Partner und die Attraktivität für Talente. Das ist ein ganz wichti-ger Punkt. Denn sonst wird es phi-lanthropisch, und philanthropisch darf ein Manager nicht mit dem Geld anderer Leute sein. Das kann er mit seinem eigenen Geld sein, aber nicht als Beauftragter, der eigentlich das Geld anderer managt. Natürlich gibt es auch Fälle, wo Unternehmen sich diesen Unternehmenszweck in die Satzung hineinschreiben, und phi-lanthropisches Engagement dann meistens in Stiftungen organisieren – dann ist das natürlich okay. Aber diesen Luxus haben die Wenigsten. Vielen Dank für das Gespräch!09Next >