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corporAID MagazinP.B.B. VERLAGSPOSTAMT 1040 WIEN 13Z039704 MAUSGABE 54 Õ NOVEMBER | DEZEMBER 2014corporAID ist eine Initiative vonEuropäische Entwicklungsbanken entdecken EquityPeter Szapary: Blumen Businessin Kenia Mondi-Chef Peter Oswald: Nachhaltigkeit lohnt sichWeil mehr als 2,5 Milliarden Menschen keine ordentlichen Klos haben, wurde Jack Sim zu Mister Toilet. Der Kampf für bessere Hygiene ist voller Hürden – doch er nimmt langsam Fahrt auf.DAS ÖSTERREICHISCHE MAGAZIN FÜR WIRTSCHAFT, ENTWICKLUNG UND GLOBALE VERANTWORTUNGSanitärer NotstandMit der Kombi aus „Presse“ und WirtschaftsBlatt erzielen Sie laut Media-Analyse am Wochenende eine Spitzen-Reichweite in der A-Schicht. Zum besten TKP. So sind Sie mit unserer Wochenend-Kombi mit nur einer Schaltung an drei Tagen in drei Ausgaben präsent. Mehr Infos unter DiePresse-WirtschaftsBlatt.atDie Media-Analyse liefert die Fakten zur A-Schicht.Wir liefern die Reichweite.Die 3-Tage-Wochenend-Kombi bedeutet eine Spitzen-Reichweite in der A-Schicht laut MA 2013/14.Reichweite und TKPA-Schicht*N=758.000Reichweite %2520151050104 €WirtschaftsBlattFreitagPresse** Presse Sonntag125 €StandardSamstag121 €KurierSonntag* Auswahl überregionaler Qualitäts-Tageszeitungen (Fr/Sa/So).TKPQuelle Media-Analyse 2013/14; Erhebung: 7/13-6/14; Nettoreichweite in LpA und TKP: Zervice;bei 3-Tage-Kombi: TKP manuell berechnet;TKP=JP-Preis lt. Tarif /Bruttoreichweite (bei Kombi ohne Bereinigung um Mehrfachkontakte) in Tausend. **Die Presse (ø Mo-So): Schaltung am Samstag. Die Reichweite unterliegt einer statistischen Schwankungsbreite.Wir bieten Ihnen in diesem Heft vier spannende Interviews mit Menschen, die für die globale Entwicklung etwas bewegen. Alle vier treffen sich in der Überzeugung, dass Wirtschaft und Nachhaltigkeit nicht nur keine Gegensätze sind, sondern dass wir auf mehr Wirtschaft setzen müssen, um die Welt nachhaltiger zu gestalten. Jack Sim – Mister Toilet, der am Cover dieser Nummer abgebildet ist – setzt sich für unternehmerische Ansätze zur weltweiten Lösung der großen Sanitärfrage ein. Kjell Roland von Norfund investiert in Entwicklungsländern, um dort Wachstum und Beschäftigungs-möglichkeiten zu schaffen. Peter Bakker, Präsident des Weltunternehmensverbands, treibt eine grüne Wirtschaft als Lösung für den Klimaschutz voran. Und im großen Interview dieses Hefts führt Mondi-CEO Peter Oswald aus der konkreten Unternehmensperspektive aus, wie Wirtschaft und Nachhal-tigkeit zusammengehen. Wo Wirtschaft und Entwicklung besonders gefordert ist: in den asiatischen Millionenstädten. Dazu mehr ab Seite 22.Eine anregende Lektüre!EditorialBERNHARD WEBERWirtschaft gestaltet Globalisierung.Und damit die Welt von morgen.Unternehmen schaffen Wohlstand.Und damit die Basis für Entwicklung.corporAID bewegt Unternehmen.Damit globale Armut von gestern wird.Unternehmen unterstützen corporAID:corporAID Magazin November | Dezember 201403IMPRESSUM Medieninhaber: ICEP Wirtschaft & Entwicklung GmbH, Möllwaldplatz 5, 1040 Wien, Tel. 01-9690254, offi ce@corporaid.at, www.corporaid.atHerausgeber: Bernhard Weber | Chefredakteur: Christoph Eder Grafi k: Mihai M. MitreaRedaktion: Barbara Coudenhove-Kalergi, Janine Fischer, Melanie Pölzinger, Katharina Kainz-Traxler, Alice Tuma, Ursula WeberAnzeigen: Elisabetta De Luca Bossa, e.deluca@icep.atDruck: Styria GmbH & Co KG; Aufl age: 40.000 StückAbobestellung: abo@corporaid.atBLATTLINIE Als von politischen Parteien, Interessensvertretungen und Institutionen un-abhängige Initiative vertritt corporAID die Auffassung, dass wirtschaftliche Entwicklung eine entscheidende Grundlage von Armutsminderung und daher Globalisierung eine Chance für globale Entwicklung ist. Das corporAID Magazin möchte für globale Armutsbe-kämpfung etwas bewegen, indem es fundiert und sachgerecht zentrale Fragestellungen der Globalisierung für Wirtschaft und Gesellschaft beleuchtet, zum Verstehen des Zusam-menwirkens von Wirtschaft und Entwicklung beiträgt und die mit einer nachhaltigen Ge-staltung der Globalisierung verbundenen wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Chan-cen in den Horizont der österreichischen Wirtschaft rückt. corporAID bekennt sich zu den Grundsätzen der Meinungsfreiheit, der sozialen Gerechtigkeit, der öko-sozialen Markt-wirtschaft, des gegenseitigen Respekts sowie der Eigenverantwortung des Menschen.Die Ausgabe Jänner | Feber 2015 des corporAID Magazins erscheint am 18.12.2014 im WirtschaftsBlatt.EINE INITIATIVE VONGEFÖRDERT VONDas Recht auf freie Meinungsäußerung, Pressefreiheit und unabhängigen Journalismus bilden ein Umfeld, das jedes professionelle Unternehmen braucht. Diese Transparenz und faire Kommunikation gehören auch bei der OMV zur unternehmerischen Haltung. Die Meinungs- und Informationsfreiheit darf dabei keine Barrieren kennen. Darum unterstützt die OMV seit vielen Jahren die regierungsunabhängige Organisation „Reporter ohne Grenzen“.O VInhaltINTERVIEW MIT PETER OSWALD Nachhaltigkeit lohnt sichLEITARTIKEL Griff ins KloDIE AKTUELLE ZAHL 461TERMINE & NACHLESEglobal.businessENTWICKLUNGSFINANZIERUNG Rundum beteiligtINTERVIEW MIT KJELL ROLAND Keine ExperimenteGLOBALE SANITÄRVERSORGUNG Hygiene mit HürdenINTERVIEW MIT JACK SIM Das WC muss ein Statussymbol werden!new.businessURBANE TECHNOLOGIEN Upgrade für Asiens Boom-MetropolenÖSTERREICHER IN ENTWICKLUNGSLÄNDERN Vom Waldviertel nach Naivashaethical.businessGOOD PRACTICE Wer Österreich bewegtINTERVIEW MIT PETER BAKKER (Leider) keine NachhaltigkeitskriseSOZIALUNTERNEHMER Global vernetztCSR-KONFERENZ Kapitalismus-Innovation3ER GESPRÄCH Berufsbildung ist kein EinzelinteresseWIRTSCHAFTSPARTNERSCHAFT Ananasriegel aus Ghana 6101046111216181921222831323438404144KompaktworkshopGlobale NachhaltigkeitsagendaKONTAKT: Gudrun Zimmerl T: 01 9690254 E: g.zimmerl@icep.atVerantwortung wird in Österreichs Unternehmen groß geschrieben. Im fragilen und komplexen Umfeld der Emerging Markets bekommt Verantwortung allerdings eine neue Dimension. corporAID zeigt, wie Sie diese spezifi schen Herausforderungen im Unternehmensumfeld erkennen und adressieren – für eine erfolgreiche globale CSR-Strategie. Profi tieren Sie von einer kompakten Einführung zu Verantwortung in Schwellen- und Entwicklungsländern, internationalen Trends und aktuellen Fallbeispielen.Alle Inhalte fi nden Sie auch auf www.corporAID.atJETZTRESERVIERENGLOBALENACHHALTIGKEITS-AGENDA KOMPAKTWORKSHOP IN IHREM UNTERNEHMENEINE INITIATIVE VONGEFÖRDERT VON6181228CORPORAID: Wie beurteilen Sie die aktuelle Wirtschaftssituation?OSWALD: Wir sollten uns in Europa für die nächsten zwanzig Jahre nicht zuletzt wegen der demo-graphischen Entwicklung auf ein niedriges Wirtschaftswachstum einstellen. Was wir jetzt als Krise erleben, ist wohl einfach eine neue Normalität.Wie ist Mondi von der Russland-krise betroffen?OSWALD: Im Moment gar nicht, weil unsere Geschäftspartner auf keiner Verbotsliste stehen. Natür-lich ist in Russland das Wachstum zurückgegangen, aber bei unseren Hauptprodukten Kopier- und Ver-packungspapier sehen wir derzeit keine Veränderungen. Das Problem ist allerdings, dass sehr viel Ver-trauen zwischen Europa und Russ-land zerstört wurde. Zudem ist uns in Europa bewusst geworden, dass Krieg und territoriale Machtspiele nicht nur Teil unserer Vergangen-heit, sondern auch unserer heuti-gen Welt sind.Wie stehen Sie zur Globalisierung?OSWALD: Wir erleben ein Höchstmaß an Globalisierung, und sie ist die Basis für unse-ren Wohlstand. Ich kann aber nachvollziehen, warum Men-schen Angst haben: Einerseits bedeutet Globalisierung Öffnung, fremde Menschen, neue Produkte. Andererseits schiebt man es auf die Globalisierung, wenn irgendetwas in der 06FOTO: MIHAI M. MITREANachhaltigkeit lohnt sichInterviewDer Verpackungs- und Papierkonzern Mondi stellt sich auf ein stagnierendes Europa ein. Peter J. Oswald, CEO Mondi Europe & International, spricht über Wachstumsziele, die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen in Österreich und das ökonomische Kalkül hinter Nachhaltigkeit. DAS GESPRÄCH FÜHRTE BERNHARD WEBER.Ich will nicht in den Chor jener einstimmen, die hier alles schlecht fi nden. Aber man muss objektiv feststellen, dass es in Österreich derzeit negative Faktoren gibt. PETER J. OSWALD07ÅPETER J. OSWALDDer 1962 geborene Oberösterreicher studierte in Wien Jus und Betriebswirtschaft. Er startete seine berufliche Laufbahn 1986 als Geschäftsführer des WUV-Universitätsverlages, arbeitete bei der Deutschen Bank in Deutschland und danach als Leiter Einkauf und Logistik bei KTM in Österreich. 1992 wechselte er in die Frantschach-Gruppe, die später von Mondi übernommen wurde. Von 2002 bis 2007 war Oswald CEO von Mondi Packaging, 2008 wurde er CEO von Mondi Europe & Interna-tional sowie Executive Director von Mondi plc und Mondi Ltd. Von 2007 bis 2013 war Peter Oswald Präsident der österreichischen CSR-Plattform Respact. Er leitet den Ausschuss für Ressourcen, Energie und Ökologie der Österreichischen Industriellenvereinigung.Wirtschaft nicht gut läuft. Aber natürlich hat die Globalisierung bei uns Verlierer geschaffen: Vor allem Personen, die keine besondere Qua-lifikation erworben haben, stehen heute im Wettbewerb mit Leuten, die tausende Kilometer entfernt leben und ihre Leistungen zu einem viel niedrigeren Preis anbieten.Wie sehen Sie die wirtschafts-politischen Rahmenbedingungen in Österreich für international ausgerichtete Unternehmen wie Mondi? OSWALD: Ich will nicht in den Chor jener einstimmen, die hier alles schlecht finden. Aber man muss objektiv fest-stellen, dass es in Österreich derzeit negative Faktoren gibt. Für uns in der Papier-industrie ist der erste Punkt der, dass Holz so schwer ver-fügbar ist wie kaum sonst wo. Österreich ist nach China der zweitgrößte Holzimporteur der Welt, und zwar in absolu-ten Zahlen. Das ist eine Folge der Übersubventionierung bei Bio-masse. Wir importieren sehr viel Holz aus Bulgarien und Rumänien, aber das ist aufgrund der erhöh-ten LKW-Transporte ökolo-gisch bedenklich und ökonomisch sinnlos. Das Öko-stromgesetz gehört reformiert. Punkt zwei ist die Abgabenbelas-tung auf Arbeit. Hier sehe ich drin-genden Handlungsbedarf. Der dritte Bereich sind die Energiekosten. Im europäischen Vergleich sind wir im oberen, aber noch unkritischen Bereich. Wenn man allerdings im globalen Wettbewerb steht, hat man das Problem, dass in den USA Strom um 30 Prozent und Gas um 60 Pro-zent billiger ist. Wir haben auch des-wegen vor kurzem dort investiert.Welche Wachstumsziele verfolgt der Konzern?OSWALD: Wir haben keine expli-ziten Ziele. Beim organischen Wachstum orientieren wir uns an der Vorgabe: Marktwachstum plus ein Prozent. Darüber hinaus wachsen wir durch Übernahmen, aber es müssen sich die richtigen Projekte einfinden. Das Wachstum über Akquisitionen ist letztlich nicht planbar, weil man nicht weiß, welche Kandidaten es zu einem vernünftigen Preis gibt. Vorgege-bene Ziele hätten den Nachteil, dass man leicht die Disziplin verliert und überteuert einkauft.Wie sehen Sie den Zusammen-hang zwischen Wachstum und Nachhaltigkeit?Der internationale Verpackungs- und Papierkonzern Mondi stammt aus Südafrika. In den 1990er Jahren kaufte die Mondi Group zahlreiche Unternehmen in Europa, darunter die heimische Frantschach AG und Neusiedler AG. Das Headquarter der 2008 gegründeten Division Europe & International ist in Wien. Diese Division unterhält an die 100 Produktionsstät-ten in 30 Ländern. Mondi beschäftigt rund 26.000 Mitar-beiter weltweit. 2013 erwirtschaftete die Gruppe bei einem Umsatz von 6,5 Mrd. Euro ein operatives Ergebnis von 699 Mio. Euro.OSWALD: Wir haben unsere Nach-haltigkeitsziele aus dem Jahr 2004 und sind bei den allermeisten sehr gut unterwegs – den Energiever-brauch haben wir etwa um 20 Pro-zent reduziert. Grundsätzlich sehe ich die beiden Bereiche entkoppelt, wobei sie natürlich zusammenhän-gen: Wenn ich nur ein moderates Wachstum habe, ist Nachhaltigkeit natürlich einfacher zu erzielen. Wenn ich sehr starkes Wachstum habe, gibt es viele Konfl ikte mit der Nachhaltigkeit. Wenn ich kein Wachstum habe, tue ich mir mit der Nachhaltigkeit auch schwer, weil ich ein Finanzierungsproblem habe. Ist es denkbar, auf Wachstum zu verzichten, wenn es Nachhaltig-keitsziele gefährdet?OSWALD: Intuitiv sage ich: nein. Es ist aber denkbar, eine Fabrik nicht zu kaufen, wenn wir deren Pro-bleme mit Sozialbedingungen oder Umweltschutz nicht sinnvoll lösen können. Wir würden auch keine Papierfabrik kaufen, die dubios mit Regenwäldern umgeht. Cor-porate Governance gibt uns einen engen Rahmen. Viele Märkte sind tabu, weil wir uns Korruption und Schmiergeldzahlungen verweigern. Wie viel lassen Sie sich Nachhal-tigkeit kosten?OSWALD: Wir investieren im Zeitraum 2011–2016 431 Mio. Euro in Grüne Energie, davon 70 Mio. in Österreich, und haben unsere Systeme heute fast überall auf dem bestmöglichen Stand der Technik. Das sind nicht nur Kosten – dank der höheren Energie-Effi zienz bringt das auch Einsparungen. Wie hoch ist der Anteil der öko-nomischen Überlegung an der Investitionsentscheidung? OSWALD: Das ist eine schwie-rige Frage. Im Prinzip machen wir nur Projekte, die sich wirt-schaftlich rechnen. Nur ist unsere Toleranzschwelle, in mittelmäßig attraktive Projekte zu investieren, einfach höher, wenn ein ökologi-sches Thema mit bewältigt wird. Wir leben in einer Welt, in der die wirtschaftlichen Kriterien nicht wegzudiskutieren sind. Die Ent-scheidungen ergeben sich aber aus einer Zusammenschau aller Ziele, also auch der Nachhaltigkeitsziele. Es geht um eine differenzierte Betrachtungsweise, die auch in der Politik stärker gefragt wäre.Wie meinen Sie das?OSWALD: Dass man auch in der Politik fi nanzielle und ökologi-sche Ziele verbindet und sich etwa damit auseinandersetzt, wie man mit einer bestimmten Summe Geld möglichst viel CO2 einspart. In der Politik sagt man heute aber: Erneu-erbare Energie ist gut, alles andere schlecht – man differenziert nicht! Gas ist sicher nicht ideal, kann aber bei einem gegebenen Budget gegen-über Kohle viel mehr CO2 einsparen als Erneuerbare. Man differenziert auch nicht bei den Erneuerbaren Energien. Ich bin Anhänger der Photovoltaik. Photovoltaik bedeutet eine niedrigere Gesamtumweltbe-lastung als ein Off-Shore-Windrad, das wieder eine bessere Ökobilanz hat als Biomasse. Wir müssen in der Politik Ideologie mit Pragmatik bes-ser verbinden, um gesamthaft gute Entscheidungen zu treffen.Wie sieht es mit der sozialen Dimension von Nachhaltigkeit aus?OSWALD: Ich werde nie vergessen, wie ich einem Geschäftsführer einer chinesischen Tochter einmal vorge-schlagen habe, die Unterbringungs-räume zu vergrößern. Da schliefen sechs Leute in zwei Dreierstockbet-ten in einem winzigen Raum – für chinesische Verhältnisse ist das nor-mal. Das kann man akzeptieren oder nicht. Es stellt sich aber die Frage, welchen Ansatz ich im Unterneh-men weltweit verfolge und welche Standards ich setze. Wir legen hohen Wert auf Arbeitssicherheit. Nur kos-tet es im Verhältnis zum üblichen Produktionsstandard in China rund das Doppelte, alle Maschinen so zu bauen, dass sie unseren weltweiten Standards entsprechen. In Südafrika haben wir Food for Forest eingeführt: die kostenlose Verpfl egung der Mitarbeiter. Wir arbeiten dort mit Lieferanten, die ihre Angestellten nicht ausreichend versorgt hatten. Die Kalorienzahl, die sie täglich zu sich nahmen, war bei der schweren körperlichen Arbeit, die sie leisteten, einfach zu wenig. Wir haben die Verpfl egung der aktuell rund 3.600 Arbeiter daher selbst übernommen. 08FOTOS: MIHAI M. MITREAIm Prinzip machen wir nur Projekte, die sich wirtschaftlich rechnen. Nur ist unsere Toleranz-schwelle, in mittelmäßig attraktive Projekte zu investieren, einfach höher, wenn ein ökologisches Thema mit bewältigt wird. PETER J. OSWALDVerpackungsrieseDAS UNTERNEHMENWEGWEISER in Wien zu den weltweiten Mondi-StandortenWie sieht es beim Thema Ausbil-dung aus? OSWALD: Mondi engagiert sich hier sehr. Unser erfolgreichstes Pro-gramm nennt sich First Line Mana-ger Programme, das sich an Mitar-beiter in der Produktion richtet, die für mehrere Leute zuständig sind. Das kann ein Schichtleiter sein oder ein Maschinenführer. Diese Leute wissen oft gar nicht, dass sie eine Führungsfunktion überneh-men und keine Fachfunktion. Diese Kurse haben im Verhältnis zum Aufwand den größten Hebel, weil den Menschen ihre Rolle bewusst wird. Und das ist gerade in Entwick-lungsländern ein Hammer. Ist Ausbildung in Schwellen- und Entwicklungsländern eine beson-dere Herausforderung?OSWALD: Ausbildung ist gerade dort ein besonderes Thema. Unser Projekt in Mexiko zu dualer Aus-bildung läuft gerade an, und das freut uns sehr: Es ist eine konkrete Ausbildung – genau das, was diese Länder brauchen. Sicher braucht man auch Leute, die studieren. In vielen Bereichen brauchen wir aber vor allem Facharbeiter. Wenn wir einen Beitrag leisten können, das in der Welt zu verbreiten und wir selbst auch davon profitieren, ist das super. Die Ausbildung zum Anlagentechni-ker, die wir in Mexiko unterstützen, ist dafür ein schönes Beispiel.Es zeigt, wie Wirtschaft und Ent-wicklung zusammengehen können.OSWALD: Im Zuge des Mexikopro-jekts habe ich gesehen, wie wenige Menschen – und das muss ich corporAID Magazin November | Dezember 2014Im Zuge des Mexiko-projekts habe ich gesehen, wie wenige Menschen Wirtschaft und Ent-wicklung einordnen konnten. PETER J. OSWALDselbstkritisch sagen, auch in unse-rem Haus – das verstanden haben, weil sie es nicht einordnen konnten. Man muss zwei Aspekte verbinden: Wir machen das, weil wir sehen, dass die Qualität in Mexiko nicht passt und besser ausgebildete Mit-arbeiter schlicht und einfach für unser Business gut sind. Und gleich-zeitig machen wir keine strenge Rechnung, ob sich das genau für uns lohnt, denn es ist auch ein guter Beitrag. Das Schöne daran ist: Es ist sowohl als auch. Wir sind bereit, etwas weniger Return zu haben, weil es einen guten Zweck erfüllt. Wie können Sie diese Perspek-tive Ihren Eigentümern gegenüber darstellen? OSWALD: Der Kapitalmarkt wird immer mehr zum Treiber für CSR. Ein Bankmanager hat mir gesagt, dass Nachhaltigkeitsfonds in den vergan-genen fünf Jahren von einem Anteil von drei auf acht Prozent gestiegen sind. Bei drei Prozent ist das eine kleine Community, acht Prozent ist schon relevant. Warum? Stiftungen, aber auch Privatpersonen sagen sich heute: Wenn ich investiere, möchte ich sicherstellen, dass ich eine Firma kaufe, die gut gescreent wurde und umweltmäßig und bei Sozialaspek-ten und Corporate Governance top ist. Weil das ja eigentlich eine gute Sache ist, sind sie bereit, vielleicht sogar auf ein paar Promillepunkte Performance zu verzichten. Sieht sich der Kapitalmarkt auch Mondis CSR-Projekte an?OSWALD: Wir sind bei einigen Nachhaltigkeitsfonds dabei. Ich bin beeindruckt, was die alles sammeln. Im Großen und Ganzen muss ich sagen: Die haben viel recherchiert und sich mit unseren Zielen beschäf-tigt – die überlegen sich wirklich etwas. Die Analyse, ob unsere Ziele angemessen und besser oder schlechter als beim Wettbewerb sind, habe ich beispielsweise als qualitativ hochwertig empfunden.Wie sehen Sie das CSR-Thema insgesamt in Österreich verankert?OSWALD: Österreich fällt hier ein bisschen zurück. Das liegt auch an unserer klein- und mittelbetrieblich geprägten Struktur. Ich sehe die Situation heute skeptischer als vor ein paar Jahren. Die Politik könnte mit einem Bundesbeschaffungsge-setz, das bei Ausschreibungen auch ökologische und soziale Kriterien berücksichtigt, einen wichtigen Schritt tun. Wenn die Bundesre-gierung angesichts des Budgetdefi-zits bei öffentlichen Beschaffungen keine Rücksicht auf CSR-Aspekte nehmen möchte, hat jeder Österrei-cher – egal ob Unternehmen oder Privathaushalt – einen Freibrief. Das ist die falsche Einstellung. Mög-licherweise würde man die Türen für Lobbyisten öffnen: Der billigste Preis ist klar, aber wie viel darf das umweltfreundlichere Papier teurer sein? Wo ist die Grenze? Das ist schwierig, andere Länder haben das aber auch geschafft. Dass es noch keinen nationalen Aktionsplan für CSR gibt, ist ebenfalls traurig. Ich habe die Hoffnung aber noch nicht verloren. Vielen Dank für das Gespräch!09Next >