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AID JÄNNER | FEBER 2015corporAID ist eine Initiative vonSchlüsseljahr 2015: Europäer entdecken Entwicklung3er Gespräch: Erneuerbare Energie im Fokus KTM-Chef Stefan Pierer: Leadershipund WettbewerbENTWICKLUNG UND GLOBALE VERANTWORTUNGNoch ist es ein Nischenthema: Pfl egebedürftige Europäer reisen mit One-Way-Ticket nach Asien, um sich dort betreuen zu lassen. Doch das Angebot wächst, speziell in Thailand und auf den Philippinen.Altern in AsienKlare Fakten.Klare Entscheidung.wirtschaftsblatt.at/wiblattIhr WirtschaftsBlatt digital-paper Abo inkl. neuestem iPad.Mit dem WirtschaftsBlatt digital-paper Abo sind jetzt nicht nur Ihre Informationen auf dem letzten Stand sondern auch Ihre Technologie. Denn Ihr digitales Abo kommt jetzt auf Wunsch mit dem neuestem iPad. Für bestehende Kunden wie für Neukunden.Nähere Infos und Bestellung unter wirtschaftsblatt.at/ipadaboFührende Technologiefür führende Köpfe.digital-paperAbo + iPadab € 35,90 pro Monat.Mit dem corporAID Magazin geht es uns auch darum, das Verständnis zu fördern, dass die großen Fragen, an denen unser Wohlstand hängt, nicht allein zwischen Bodensee und Neu-siedlersee entschieden werden. Die demographische Entwick-lung etwa stellt uns vor Heraus-forderungen, die unseren Konti-nent in mehrfacher Hinsicht alt ausschauen lassen, wenn es nicht gelingt, die Chancen der Globalisierung zu nutzen. Wie weit globale Lösungsansätze in der Altenbetreuung gehen kön-nen, zeigt das Cover. Mehr dazu ab Seite 24. Das Verständnis für die zunehmende interna-tionale Verfl echtung und die Ansprüche an die europäische Entwicklungspolitik wird auch durch das Europäische Jahr der Entwicklung 2015 wachsen – ab Seite 12. Wie es mit der österreichischen Entwicklungs-politik aussieht, erfahren Sie ab Seite 18 von Martin Ledolter, Chef der österreichischen Ent-wicklungsagentur ADA. Dass es Unternehmer braucht, um die Welt voranzutreiben, bestätigen KTM-Boss Stefan Pierer ab Seite 6 und Managementguru Fredmund Malik ab Seite 40.Eine anregende Lektüre!EditorialBERNHARD WEBERWirtschaft gestaltet Globalisierung.Und damit die Welt von morgen.Unternehmen schaffen Wohlstand.Und damit die Basis für Entwicklung.corporAID bewegt Unternehmen.Damit globale Armut von gestern wird.Unternehmen unterstützen corporAID:corporAID Magazin Jänner | Feber 201503IMPRESSUM Medieninhaber: ICEP Wirtschaft & Entwicklung GmbH, Möllwaldplatz 5, 1040 Wien, Tel. 01-9690254, offi ce@corporaid.at, www.corporaid.atHerausgeber: Bernhard Weber | Chefredakteur: Christoph Eder Grafi k: Mihai M. MitreaRedaktion: Janine Fischer, Katharina Kainz-Traxler, Julia Pickelmann, Melanie Pölzinger, Ursula Weber, Gudrun ZimmerlAnzeigen: Elisabetta De Luca Bossa, e.deluca@icep.atDruck: Styria GmbH & Co KG; Aufl age: 40.000 StückAbobestellung: abo@corporaid.atBLATTLINIE Als von politischen Parteien, Interessensvertretungen und Institutionen un-abhängige Initiative vertritt corporAID die Auffassung, dass wirtschaftliche Entwicklung eine entscheidende Grundlage von Armutsminderung und daher Globalisierung eine Chance für globale Entwicklung ist. Das corporAID Magazin möchte für globale Armutsbe-kämpfung etwas bewegen, indem es fundiert und sachgerecht zentrale Fragestellungen der Globalisierung für Wirtschaft und Gesellschaft beleuchtet, zum Verstehen des Zusam-menwirkens von Wirtschaft und Entwicklung beiträgt und die mit einer nachhaltigen Ge-staltung der Globalisierung verbundenen wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Chan-cen in den Horizont der österreichischen Wirtschaft rückt. corporAID bekennt sich zu den Grundsätzen der Meinungsfreiheit, der sozialen Gerechtigkeit, der öko-sozialen Markt-wirtschaft, des gegenseitigen Respekts sowie der Eigenverantwortung des Menschen.Die Ausgabe März | April 2015 des corporAID Magazins erscheint am 26.2.2015 im WirtschaftsBlatt.EINE INITIATIVE VONGEFÖRDERT VON PALFINGER AG · 5020 Salzburg, Österreich · E-Mail h.roither@palfi nger.comRahofer.LIFETIME EXCELLENCE: ZUVERLÄSSIGKEIT FÜRVIELE, VIELE JAHRENiemand weiß, was die Zukunft bringt. Deshalb setzen unsere Kunden auf die langlebigen Produkte von PALFINGER. Höchste Belastbarkeit, Premium-Qualität und das weltweite Service-Netzwerk sorgen dafür, dass man sich jederzeit auf unsere Hebe-Lösungen verlassen kann. Wie Sie von der PALFINGER LIFETIME EXCELLENCE profi tieren, lesen Sie auf www.palfi nger.agInhaltINTERVIEW MIT STEFAN PIERER Leadership und WettbewerbLEITARTIKEL SelbstbildDIE AKTUELLE ZAHL 25TERMINE & NACHLESEglobal.businessEUROPÄISCHE UNION Schlüsseljahr für EntwicklungARMUTSFORSCHUNG Ideen am PrüfstandINTERVIEW MIT MARTIN LEDOLTER Wirtschaftspartnerschaften ausgebautGLOBALE ENTWICKLUNG Die Alles für alle-Agendanew.businessGLOBALISIERUNG Oma fl iegt One-WayVERANTWORTUNGSMANAGEMENT Gekommen, um zu bleibenAUSSENWIRTSCHAFT Neue Märkte3ER GESPRÄCH Grüne Energie für Entwicklungethical.businessGOOD PRACTICE Wer Österreich bewegtSOZIALUNTERNEHMEN Starke Marke aus ÄthiopienINTERVIEW MIT FREDMUND MALIK Kein Geldismus für AfrikaWEIHNACHTSGESCHENKE Schenken mit SinnWIRTSCHAFTSPARTNERSCHAFT Haselnüsse vom Schwarzen Meer 610104611121618202324283032353638404244Alle Inhalte fi nden Sie auch auf www.corporAID.at2416386Neue Perspektiven im Abo.EINE INITIATIVE VONBestellung unter Tel. 01/9690254 oder E-Mail abo@corporaid.atBusiness-Abo 5 5 Stück pro Ausgabe ein Jahr lang* um nur 60,– Business-Abo 10 10 Stück pro Ausgabe ein Jahr lang* um nur 75,– Business-Abo 25 25 Stück pro Ausgabe ein Jahr lang* um nur 100,– * Das corporAID Magazin erscheint 6 Mal pro Jahr. Sie erhalten jeweils 5, 10 oder 25 Stück pro Ausgabe druckfrisch zugesendet. Das Business-Abo beginnt mit der jeweils nächsten Ausgabe und endet automatisch nach einem Jahr – Sie gehen keine weiteren Verpfl ichtungen ein. Preise in Euro exklusive Mehrwertsteuer.AID MagazinP.B.B. VERLAGSPOSTAMT 1040 WIEN 13Z039704 MAUSGABE 47 Õ SEPTEMBER | OKTOBER 2013Nischenthema Entwicklungspolitik: Was Parteien wollenHidden Champions: Unbekannt daheim, top in Emerging MarketsOMV-CEO Gerhard Roiss: Strategie für nachhaltiges Wachstum uss sie haben. NTWORTUNGcorporAID MagazinSPONSORING-POST 04Z035763 SAUSGABE 46 Õ JULI | AUGUST 2013gegen alten Mercosur Sustainability Waagner-Biro-CEO Rudolf Estermann im InterviewAndrew Steer ist Chef des World Resources Institute, des weltbesten Umwelt-Think Tank 2012. Er erklärt, warum die Politik globale Probleme nicht lösen wird und wie die Wirtschaft die treibende Kraft sein kann. Die transformative Kraft der WirtschaftDAS ÖSTERREICHISCHE MAGAZIN FÜR WIRTSCHAFT, ENTWICKLUNG UND GLOBALE VERANTWORTUNGcorporAID MagazinSPONSORING-POST 04Z035763 SAUSGABE 45 Õ MAI | JUNI 2013DAS ÖSTERREICHISCHE MAGAZIN FÜR WIRTSCHAFT, ENTWICKLUNG UND GLOBALE VERANTWORTUNGcorporAID ist eine Initiative vonDie Oesterreichische Entwicklungbank ist fünf Jahre jungWie fünf globale Megatrends die Zukunft gestaltenZumtobel-CEO Harald Sommerer im InterviewDas Shared Value-Konzept von Michael Porter soll den Weg zum wirtschaftlichen Erfolg und zur Lösung globaler Herausforderungen ebnen. Was diese „höhere Form des Kapitalismus“ kann. Und was nicht.corporAID MagazinP.B.B. VERLAGSPOSTAMT 1040 WIEN 13Z039704 MAUSGABE 51 Õ MAI | JUNI 2014corporAID ist eine Initiative vonBackaldrin: Mit Kornspitz & Co.weltweit unterwegsSozialen Impact messen: Weil die Wirkung zählt Greiner-CEO Axel Kühner:Internationalisierung beginnt im KopfDie OECD vergleicht nicht nur die Bildungssysteme ihrer Mitgliedsländer, sondern auch deren Entwicklungshilfe. Österreich schneidet hier schlecht ab. Für DAC-Chair Erik Solheim ist die Ursache klar: Der politische Wille fehlt.DAS ÖSTERREICHISCHE MAGAZIN FÜR WIRTSCHAFT, ENTWICKLUNG UND GLOBALE VERANTWORTUNGErik Solheim: Mr. PISA der EntwicklungshilfecorporAID MagazinP.B.B. VERLAGSPOSTAMT 1040 WIEN 13Z039704 MAUSGABE 49 Õ JÄNNER | FEBER 2014corporAID ist eine Initiative vonNeuer Kurs: Business-Multis schwenkenauf Sustainability ein.Rückfl üsse aus derEntwicklung? Es darf ein bisserl mehr sein … Rosenbauer-CEO Dieter Siegel: Feuer-wehren für die Welt. Der Energieverbrauch steigt rasant, Erneuerbare Energie hat daher vor allem in Afrika oberste Priorität. Österreich kann hier seine Renewable Energy-Stärken ausspielen – auch die Entwicklungszusammenarbeit.DAS ÖSTERREICHISCHE MAGAZIN FÜR WIRTSCHAFT, ENTWICKLUNG UND GLOBALE VERANTWORTUNGRenewable Energy: Rückenwind für AfrikacorporAID MagazinP.B.B. VERLAGSPOSTAMT 1040 WIEN 13Z039704 MAUSGABE 48 Õ NOVEMBER | DEZEMBER 2013corporAID ist eine Initiative vonWeltbank Wien: Der neue Blick nach Südosten Wie man Gutes tut und dabei auch Geld verdient:Social Impact Investing Christian Kern, CEO der ÖBB, will eine „einfachere Bahn“Die Mittelschicht wächst weltweit. Doch Wohlstandsmessung – wer warum zur Middle Class der Welt oder eines Landes zählt – ist eine Defi nitionsfrage. Sicher scheint: Wer ein Auto hat, ist immer dabei.Globale MittelschichtDAS ÖSTERREICHISCHE MAGAZIN FÜR WIRTSCHAFT, ENTWICKLUNG UND GLOBALE VERANTWORTUNGDas corporAID Magazin eröffnet neue Sichtweisen auf die Chancen und Herausforderungen der Globalisierung für Wirtschaft und Gesellschaft. Das Magazin für Entscheider und Führungskräfte mit Weitblick – jetzt im praktischen Business-Abo für das ganze Unternehmen.CORPORAID: Was verbinden Sie mit dem Schlagwort Globalisierung?PIERER: Für Unternehmer ist sie eine riesige Chance. Wenn ich unsere Unternehmensgruppe KTM her-nehme, haben wir eine Exportquote von 97 Prozent, mehr als 50 Prozent geht in Länder außerhalb Europas. Globalisierung gibt gerade mittel-ständischen Unternehmen enorme Chancen. Die Verbindung von offe-nen Märkten und einer digitali-sierten Welt macht es möglich, mit Produkten ungemein effi zient und kostengünstig global aufzutreten.Im deutschsprachigen Raum ist Globalisierung oft negativ besetzt. PIERER: KTM ist in zwanzig Jah-ren von 160 auf 2.700 Mitarbeiter gewachsen, 70 Prozent der Arbeits-plätze sind in Österreich entstan-den – aufgrund der Globalisierung. Und letztlich sind Arbeitsplätze die Grundlage für den Wohlstand. Diese Überzeugung ist in Europa leider verloren gegangen, weil der so genannte Europäische Wohl-fahrtsstaat die Leute dazu erzogen hat, dass sich ein Dritter um sie kümmert. Leistung, Wettbewerb und Ähnliches sind daher extrem negativ besetzt. Das ist wie in einem physikalischen System: Wenn du keine Energiedifferenz hast, kommt es am Ende zu einer fl achen Herzli-nie. Das ist das Problem von Europa.Wie gelingt es, ein heimisches Unternehmen zu internationalisie-ren und dann zu globalisieren?PIERER: Das ist sicher einerseits Leadership und andererseits natür-lich das Produkt mit einem klaren 06ÅLeadership und WettbewerbInterviewDer Industrielle Stefan Pierer sieht seine Fahrzeuggruppe Cross Industries, deren größte Beteiligung der Motorradhersteller KTM AG ist, stark in Österreich verankert. Im Interview spricht er über die Stärken und Schwächen des mitteleuropäischen Standorts, Wachstumschancen in Schwellen- und Entwicklungsländern und darüber, was ihn persönlich antreibt. DAS GESPRÄCH FÜHRTE BERNHARD WEBER.Wenn du keine Energie-differenz hast, dann kommt es am Ende zu einer fl achen Herzlinie. Das ist das Problem von Europa. STEFAN PIERERMarkenkern. Bei uns ist das „Ready to Race“, das heißt, die Bereitschaft, sich jederzeit dem Wettbewerb zu stellen. Da wir auch Rennsportmo-torräder produzieren, ist das Thema Wettbewerb, der Rennsport, für uns extrem motivierend und verbindet uns. Es ist genau so simpel: echtes Leadership, wo jeder weiß, wie es abläuft, und ein Produkt, das die Leute motiviert. Das Ganze muss an Personen festgemacht und inter-national ausgerichtet sein.Wie sehen Sie den Stand-ort Österreich für internationale Unternehmen?PIERER: Österreich hat nach wie vor sehr gute Rahmenbedingungen für industrielle Aktivität. Die große Stärke des mitteleuropäischen Standorts ist der extreme Hausver-stand der Mitarbeiter, die, wenn ein Problem auftaucht, sofort im Sinne der Problemlösung agieren. Also diese Selbstorganisation, dieser grundvernünftige Zugang, dieses Hands-on – das sind die Stärken, die wir nach wie vor in Europa haben. Ich bin noch immer ein Verfechter des österreichischen Industrie-standorts, obwohl er in den letzten Jahren schwer gelitten hat. Aber dieser Rückgang ist auch in ande-ren Ländern zu sehen. Die Politik ist der Verursacher der schwierigen Situation in Europa und auch daran schuld, dass sich Arm und Reich derart auseinanderbewegen.Können Sie drei Punkte nennen, in denen die Politik versagt?PIERER: Wir haben eine viel zu hohe Besteuerung von Arbeit, was Leistungsträger demotiviert, sich zu engagieren. Und junge Leute können sich in Europa keinen Wohl-stand und kein Vermögen mehr aufbauen. Dann haben wir eine unglaubliche Überbürokratisie-rung: Neues wird immer nur auf bestehende Gesetzesstrukturen draufgesetzt statt Altes zu über-arbeiten. Schließlich trägt die Politik auch daran Schuld, dass Leistung wenig zählt, kein Ansehen hat. Die Politik bewegt Europa zum Stillstand. Nichts-destotrotz gibt es in solchen Umbruchzei-ten für engagierte, risikobewusste Unternehmer nach wie vor Chancen. Jede FOTO: MIHAI M. MITREA07STEFAN PIERER, 58, begann seine Karriere nach Abschluss seines Studiums der Betriebs- und Energiewirtschaft an der Montanuniversität Leoben 1982 beim Heizkesselhersteller Hoval. 1987 gründe-te Pierer die Cross Beteiligungsgruppe, in der er nun seit mehr als zwanzig Jahren als Aktionär und Vorstand tätig ist. Unter seiner Führung entwickelte sich die Mar-ke KTM von der größten Insolvenz 1991 in Österreich zu einer global erfolgreichen Marke im Offroad-Motorradsegment.corporAID Magazin Jänner | Feber 2015Krise – Krise heißt ja Veränderung – birgt auch riesige Chancen.Können Sie auch der Wirtschafts-krise der vergangenen Jahre etwas Positives abgewinnen?PIERER: Ja, absolut. Wenn diese Krisenphasen nicht gewesen wären, wären wir heute nicht so erfolg-reich. In der Innovationstheorie unterscheidet man ja zwischen der freiwilligen Innovation und der erzwungenen. Und die erzwungene ist das Diktat der leeren Kassen. In einer solchen Situation lässt sich am meisten ändern. Das ist auch das große Problem der Politik: Man ist nicht gezwungen, etwas zu ändern, solange man weiter Schul-den machen kann. Unsere Politik ist kurzfristig orientiert und setzt im Hinblick auf die nächsten Wahlen lieber die Zukunft des Landes aufs Spiel als jetzt etwas zu verändern. Wo investieren Sie, um Wachs-tum voranzutreiben?PIERER: In Innovation, Pro-duktentwicklung, natürlich auch in das Thema Vertrieb und Marke-ting, den Eintritt in jene Märkte, wo man bis dato nicht präsent war. Hochinteressant sind da insbeson-dere der südostasiatische Raum und Lateinamerika. Lateinamerika ist allerdings nicht ungefährlich, weil es sich sehr volatil darstellt. Meines Erachtens ist es einer der schwie-rigsten globalen Märkte. Sie operieren in Asien, Indien, Europa. Wo liegen die Unterschiede in der Marktbearbeitung?PIERER: Die Produkte in den Emerging Markets sind natürlich so konzipiert, dass sie erschwinglicher sind. Sie haben also beispielsweise kleine Hubräume. Gerade wenn man als Mittelständler in diesen Län-dern unterwegs ist – als sogenannte Gazelle –, braucht man unbedingt den richtigen Partner. Um diesen zu fi nden, muss man sich beim Ein-tritt in solche Märkte sehr viel Zeit nehmen. Zudem sollte man nicht nur auf ein Land setzen, sondern die Aktivitäten schön verteilen. Im ASEAN-Raum zum Beispiel gibt es hohe Einfuhrzölle und Sie müssen vor Ort fertigen. Wir haben mitt-lerweile schon fünf eigene CKD-Fertigungen in Malaysia, Brasilien, Kolumbien, China und bald auch auf den Philippinen. Wir verteilen also die Risiken, geben uns Zeit und sind relativ vorsichtig unterwegs.Wie viele Motorräder verkaufen Sie nach Afrika?PIERER: Für uns ist Afrika der-zeit mehr oder weniger ein weißer Fleck – mit Ausnahme von Südaf-rika, wo wir ca. 3.000 Stück im Jahr verkaufen. Unser indischer Partner ist allerdings etwa in Nigeria der Marktführer und verkauft über 300.000 Stück pro Jahr zwischen Mali und Zentralafrika. Da sind viele indische und chinesische Her-steller erfolgreich. Lernen Sie von Ihren Partnern?PIERER: Mit unserem indischen Partner entwickeln wir seit sie-ben Jahren Motorenplattformen, wo dann jeder die Motorräder sei-ner Marke herstellt. Indien ist mit zwölf Millionen Stück im Jahr der weltgrößte Motorradmarkt und bietet natürlich die entsprechende Stückkostendegression. Während wir in Europa dazu neigen, die Dinge zu überengineeren, wird in Indien immer geschaut, wie man möglichst viele Gleichteile verwen-den kann, wie man das Teil mög-lichst günstig herstellen kann. Da steht also nicht die Performance im Vordergrund, sondern der Preis. Gerade was die Kostenminimie-rung anbelangt, haben wir von den Indern viel gelernt. Es ist uns auch gelungen, beides zu verbinden und kostensparend High-Performance zuwege zu bringen. Umgekehrt hat unser indischer Partner gelernt, was wirkliche High-Performance ist.Wie bringen Sie Nachhaltigkeit und Wachstum zusammen?PIERER: Für uns ist Wachstum immens wichtig. Wir sind zwar mittlerweile der größte Europäer in unserem Segment, verglichen mit unseren vier japanischen Mitbewer-bern aber immer noch ein kleiner Anbieter. Wobei wir in den nächs-ten fünf bis sechs Jahren zwei japa-nische Unternehmen überholen und auf die dritte Position vorrücken möchten, vor allem durch Wachs-tum in den Emerging Markets. Wir stellen uns auch dem Thema Nachhaltigkeit. Wir sind wahr-scheinlich der führende Hersteller von Elektromotorrädern. Wir haben nach fünfjähriger Entwicklungszeit gerade ein Geländesportmotorrad mit Elektromotor eingeführt. Ich bin überzeugt, dass in zehn Jah-ren Motorräder in der städtischen Mobilität zu einem hohen Anteil 08FOTOS: MIHAI M. MITREAcorporAID Magazin Jänner | Feber 201Gerade wenn man als Mittelständler in Emerging Markets unterwegs ist, braucht man unbedingt den richtigen Partner. STEFAN PIERERelektrobetrieben sein werden. Die Technologie ist mittlerweile so weit, dass Sie mit einem Fahrzeug-gewicht von weniger als 200 Kilo-gramm mehr als 100 Kilometer weit fahren können. Das sind genau die Strecken, die im Alltag gefahren werden. Soziale Verantwortung betrifft das Thema Mitarbeiter, das ich sehr ernst nehme. Wir bemühen uns außerdem, die Verantwortung als Leitbetrieb zu übernehmen. Wir schaffen in der ländlichen Region, die wir prägen, Infrastruktur: Wir haben eine Kinderkrippe. Das ist wichtig, weil die Verbundenheit mit der Region eine enorme Stärke ist.Welche Rolle spielen Eigentü-merstrukturen und die Börse, wenn es um Nachhaltigkeit geht? PIERER: Aus meinem ersten Bör-sengang 1996, den vielen weiteren und allgemeinen Aktivitäten kann ich sagen: Ein Kapitalmarkt ist für ein Unternehmen sicher hilfreich, weil er es zwingt, aber auch, weil er eine Vorgabe ist, alles sauber und regelmäßig zu dokumentieren. Es gibt einen Publikationsstandard und eine Disziplin. Das ist wich-tig und macht die Firma auch fi t. Insofern bin ich ein Verfechter des Kapitalmarkts. Allerdings bin ich der Meinung, dass jedes Unternehmen einen klaren und starken Eigentümer braucht – nur dann ist ein Unternehmen wirklich gut. Wie sehen Sie die Rolle von Unternehmern für globale Entwicklung?PIERER: Unternehmer schaffen Arbeitsplätze und Arbeitsplätze schaffen Wohlstand. In Österreich genauso wie in den Ent-wicklungsländern. Alles andere ist nichts. Finden Sie die Mitarbeiter, die Sie brauchen?PIERER: Das ist eines der ganz großen Probleme, in das wir in Europa hineinsteu-ern – Fachkräftemangel, und er besteht bereits. Indien hat eigent-lich gut qualifi zierte Leute, vor allem sind die technischen Ausbildungen in Indien nicht so schlecht. Aber bei unserer Produktion in Pune corporAID Magazin Jänner | Feber 2015Unternehmer schaffen Arbeits-plätze und Arbeitsplätze schaffen Wohlstand. Alles andere ist nichts. STEFAN PIERERstellt sich die Fachkräfte-Frage bereits, da Pune Indiens Automo-tive-Zentrum ist und die großen internationalen Hersteller dort ver-treten sind. Die gehen hin, suchen sich die Leute von den etablierten einheimischen Firmen und zahlen ihnen mehr. Da stehen wir also vor großen Herausforderungen, spezi-ell im Bereich der Ausbildung. Wir haben ein hochinteressantes Aus-bildungsmodell in Deutschland und Österreich, die duale Ausbildung – das ist etwas ganz Besonderes. Umwelt- und Sozialstandards – ist das Thema für Sie relevant?PIERER: Wir sind in Europa, was den Standard betrifft, derartig weit, dass Sie fast umfallen, wenn Sie in Emerging Markets wie China oder Indien kommen. Der Unter-schied ist manchmal brutal. Nur kann ein kleines Unternehmen da sehr schwer etwas bewegen, fast überhaupt nichts. Es kann über die Auswahl des Partners indirekt etwas mithebeln.Sie tragen für über 4.000 Mitar-beiter die Verantwortung – wie lernt man, mit einer solchen Verantwortung umzugehen?PIERER: Das beginnt mit den ersten fünf bis zehn Mitarbeitern, wo Sie die Verant-wortung augen-scheinlich vor sich haben. Sie lernen, damit umzugehen, empfi nden es als schöne Aufgabe. Ob das mit der Zeit dann tausende Mitarbeiter werden, ist für den Lernprozess nicht entscheidend, es fängt mit dem ersten an. Was denken Sie, wenn Sie hören, dass Unternehmen rein gewinnge-trieben agieren?PIERER: Das glaube ich nicht. Klar, man muss Gewinn machen, um die entsprechende Entwicklung ab-decken zu können. Letztlich müssen die Löhne und die Gehälter gezahlt werden, Sie müssen das Unterneh-men langfristig ausrichten können. Aber es gibt auch andere Dinge. Das Thema Arbeitsplatz und Mitarbei-terverantwortung ist für mich ganz wichtig. Ob ich jetzt viel verdiene mit 1.000 Leuten oder mit 4.000, macht für mich einen Unterschied in der persönlichen Wahrnehmung.Sie haben in den vergangenen 30 Jahren unglaublich viel bewegt – was treibt Sie an?PIERER: Für mich ist es die Befrie-digung, mit österreichischen Mar-ken zu zeigen, dass man weltweit erfolgreich sein kann. Von den Japa-nern habe ich gelernt, was es heißt, langfristig und konstant zu kämp-fen, immer dran zu bleiben – dann stellt sich früher oder später auch der Erfolg ein. Es ist die Freude am Wettbewerb und die Möglichkeit, etwas gestalten zu können, die mich antreiben. Es ist auch sicher wunderschön, in der Welt herumzu-kommen, andere Kulturen kennen zu lernen – aber alles in Verbindung mit einer Verantwortung.Danke für das Gespräch.09Die Cross Industries AG ist eine auf den automotiven Sektor ausgerichtete Industriebeteiligungsgruppe, die zu 100 Prozent im Besitz der Familienholding Pierer Industrie AG steht. Neben den Motorradfi rmen KTM und Husqvarna Motorcycle gehören auch die Rennsportzu-lieferer Pankl Racing und Wethje sowie der Motorradkomponentenhersteller WP Carbon Composites zur Gruppe. Für 2014 erwartet die Unternehmensgruppe einen Umsatz von rund 1,1 Mrd. Euro – mit rund 4.400 Beschäf-tigten, davon 70 Prozent in Österreich.Ready to RaceDAS UNTERNEHMENIN ÖSTERREICH VERANKERT Head-quarter der Cross Industries AG in WelsNext >