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corporAID MagazinP.B.B. VERLAGSPOSTAMT 1040 WIEN 13Z039704 MAUSGABE 57 Õ MAI | JUNI 2015corporAID ist eine Initiative vonExpo Mailand: Schauplatz der WeltHidden Champion Trodat: Bürokratie ist gut für‘s BusinessAT&S-Chef Andreas Gerstenmayer: Wachs-tum mit grünen PlattenDAS ÖSTERREICHISCHE MAGAZIN FÜR WIRTSCHAFT, ENTWICKLUNG UND GLOBALE VERANTWORTUNGBei der Expo 2015 dreht sich alles um die Themen Essen und Ernährung. Während in Mailand die großen Zukunftsfragen diskutiert werden, setzen innovative Unternehmen in Entwicklungsländern schon heute die Trends.Abwechslungim KühlregalKlare Fakten.Klare Entscheidung.wirtschaftsblatt.at/wiblattIhr WirtschaftsBlatt digital-paper Abo inkl. neuestem iPad.Mit dem WirtschaftsBlatt digital-paper Abo sind jetzt nicht nur Ihre Informationen auf dem letzten Stand sondern auch Ihre Technologie. Denn Ihr digitales Abo kommt jetzt auf Wunsch mit dem neuestem iPad. Für bestehende Kunden wie für Neukunden.Nähere Infos und Bestellung unter wirtschaftsblatt.at/ipadaboFührende Technologiefür führende Köpfe.digital-paperAbo + iPadab € 35,90 pro Monat.Mit dem corporAID Magazin versuchen wir, neue Sichtwei-sen auf Fragestellungen der Globalisierung aufzuzeigen, das Zusammenwirken von Wirtschaft und Entwicklung zu beleuchten und mit einem optimistischen Zugang Inputs zu einem differenzierteren Denken aus globaler Perspek-tive zu liefern. Wer im Internet auf brillante und imposante Weise Informationsarbeit leistet, ist der schwedische Professor Hans Rosling. Ich empfehlen Ihnen, sich auf You-tube etwa seinen Vortrag über die Bedeutung der Waschma-schine anzusehen. Und den Artikel über ihn ab Seite 12 zu lesen.Welche transformative Kraft Out-of-the-box Denken in der Praxis entwickeln kann, zeigen Sozialunternehmer. In diesem Heft ein Beitrag über einen Milchprodukte-Herstel-ler aus dem Senegal – ab Seite 40. Dass auch ein Lebensmit-teldiskonter wie Hofer sehr konkret soziale Entwicklung weltweit vorantreiben kann, erfahren Sie ab Seite 44. Das große Interview diesmal mit Andreas Gerstenmayer, dem CEO von AT&S. Eine anregende Lektüre!EditorialBERNHARD WEBERWirtschaft gestaltet Globalisierung.Und damit die Welt von morgen.Unternehmen schaffen Wohlstand.Und damit die Basis für Entwicklung.corporAID bewegt Unternehmen.Damit globale Armut von gestern wird.Unternehmen unterstützen corporAID:corporAID Magazin Mai | Juni 201503IMPRESSUM Medieninhaber: ICEP Wirtschaft & Entwicklung GmbH, Möllwaldplatz 5, 1040 Wien, Tel. 01-9690254, offi ce@corporaid.at, www.corporaid.atHerausgeber: Bernhard WeberChefredakteur: Christoph Eder Grafi k: Mihai M. MitreaRedaktion: Pia Cencig, Katharina Kainz-Traxler, Melanie Pölzinger, Ursula Weber, Gudrun ZimmerlDruck: Styria GmbH & Co KG; Aufl age: 40.000 StückAbobestellung: abo@corporaid.atBLATTLINIE Als von politischen Parteien, Interessensvertretungen und Institutionen un-abhängige Initiative vertritt corporAID die Auffassung, dass wirtschaftliche Entwicklung eine entscheidende Grundlage von Armutsminderung und daher Globalisierung eine Chance für globale Entwicklung ist. Das corporAID Magazin möchte für globale Armutsbe-kämpfung etwas bewegen, indem es fundiert und sachgerecht zentrale Fragestellungen der Globalisierung für Wirtschaft und Gesellschaft beleuchtet, zum Verstehen des Zusam-menwirkens von Wirtschaft und Entwicklung beiträgt und die mit einer nachhaltigen Ge-staltung der Globalisierung verbundenen wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Chan-cen in den Horizont der österreichischen Wirtschaft rückt. corporAID bekennt sich zu den Grundsätzen der Meinungsfreiheit, der sozialen Gerechtigkeit, der öko-sozialen Markt-wirtschaft, des gegenseitigen Respekts sowie der Eigenverantwortung des Menschen.Die Ausgabe Juli | August 2015 des corporAID Magazins erscheint am 25.06.2015 im WirtschaftsBlatt.EINE INITIATIVE VONGEFÖRDERT VONIn Ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern steckt mehr. Wie ¿ nden Sie heraus was möglich wäre?Welche Fähigkeiten Ihrer MitarbeiterInnen ungenutzt sind? Wie Sie Talente fördern können? .ella rüf treW rhem dnu gnutsieL rheM .treimitpo p5 Aus Potenzial wird Performance.PerspektivenPotenzialeProzessePersonenPerformancewww.5p-consulting.comInhaltINTERVIEW MIT ANDREAS GERSTENMAYERWachstum mit grünen PlattenLEITARTIKEL SchmuddeleckeDIE AKTUELLE ZAHL 700TERMINE & NACHLESEglobal.businessENTWICKLUNGDie Welt ist besser als ihr RufENTWICKLUNGSZUSAMMENARBEITKooperation auf dem PrüfstandEXPO MAILANDSchauplatz der Weltnew.businessAFRIKANISCHE ENTWICKLUNGSBANKKontakte sind das A und OINTERNATIONALISIERUNGAuf der Suche nach WachstumHIDDEN CHAMPION Bürokratie ist gut für‘s Businessethical.businessGOOD PRACTICE Wer Österreich bewegtOECD-LEITSÄTZEMit Sorgfalt im Geschäft3ER GESPRÄCH Was treibt CSR in Österreich?SOZIALUNTERNEHMENAbwechslung im KühlregalWIRTSCHAFTSPARTNERSCHAFT Ökoshrimps aus Indien 61010461112161821222528313234374044Alle Inhalte fi nden Sie auch auf www.corporAID.atAbwechslung im KühlregalIn Europa gibt es sie im Überfl uss, im Senegal sind sie rar – Molkereipro-dukte aus Frischmilch. Ein einziges Unternehmen, die Laiterie du Berger, setzt bei der Herstellung von Joghurts, Frischkäse und Co auf senegale-sische Kühe. Und erreicht damit weit mehr als nur den Kundengeschmack.40EXPO MAILAND Schauplatz der WeltOECD-LEITSÄTZE Mit Sorgfalt im GeschäftINTERVIEW MIT ANDREAS GERSTENMAYERWachstum mit grünen Platten05corporAID Magazin Mai | Juni 20151834CORPORAID: Was verbinden Sie mit dem Thema Globalisierung?GERSTENMAYER: Für Wohlstand und Entwicklung einer Gesellschaft brauche ich eine starke Wirtschafts-kraft – in Österreich gehört dazu auch eine starke Industrie. Öster-reich hat viele international erfolg-reiche Unternehmen, wir haben viele Hidden Champions, die in ihren Nischen weltweit führend sind. Das könnten sie nicht sein, wenn wir nicht die Öffnung der Märkte und damit die Chance, unsere Stärken international auszuspielen, gehabt hätten. Davon profi tiert natürlich auch Österreich. Denn Investitionen im Ausland haben durchaus Rück-wirkungen in Form von Arbeitsplät-zen auf die Standorte in Österreich – das sind keine leeren Worthülsen. Für das einzelne Unternehmen ist es wichtig, eine Balance zu fi nden zwischen einer globalisierten Wert-schöpfungskette und der Nutzung eigener Stärken, die sich über Jahr-zehnte im Unternehmen entwickelt haben. Der Begriff Globalisierung ist im deutschen Sprachraum mitunter negativ besetzt, wie erklären Sie sich das?GERSTENMAYER: Da wird vor allem in der Kommunikation zu sehr vereinfacht: Man baut sozusagen ein Angstgebilde auf, indem in der Regel über Negatives berichtet wird, während positive Entwicklungen weniger in den Vordergrund gestellt werden. Wer spricht denn schon über die Erfolge der Unternehmen, 06FOTO: MIHAI M. MITREAWachstum mit grünen PlattenInterviewDer Leiterplattenhersteller AT&S ermöglicht mit seinen Technologien viele Trends der Elektronikindustrie. Vorstandsvorsitzender Andreas Gerstenmayer spricht über die Dynamik der Branche, den Wettbewerbsvorteil Nachhaltigkeit am wachsenden Standort China und die Rolle, die der Spaß für seinen Erfolg spielt.DAS GESPRÄCH FÜHRTE BERNHARD WEBER.Am Ende hilft es nicht, die Firma grün anzumalen – man braucht eine logische Verbindung zwischen dem wirtschaftli-chen Erfolg und dem Verhalten des Unternehmens im Bereich Umweltschutz, Mitarbeiter, Umfeld. ANDREAS GERSTENMAYERdie frühzeitig die Chancen auf den Weltmärkten erkannt und genutzt haben? Es ist ein Fakt: Wir wür-den heute nicht hier sitzen, wenn die AT&S nicht vor 14 Jahren die Trends erkannt und die Chancen in Asien genutzt hätte – heute sind wir in Europa die Größten in unse-rer Branche. Sie haben ein sehr gutes Jahr hinter sich. Wie sieht die Wachs-tumsstrategie der AT&S aus?GERSTENMAYER: Wir wachsen seit fünf Jahren kontinuierlich, über Technologie und nicht etwa über synthetische Zukäufe. Wir sind zudem in der glücklichen Situation, dass unser Markt gute Wachstums-potenziale zeigt – vor allem dort, wo wir uns fokussiert haben: technolo-gisch hochwertige Lösungen. Wir haben zudem gut verstanden, wo unsere Stärken und die Markttrends liegen und wie wir diese mit unseren Kompetenzen gut bedienen können. Unser nächster großer Schritt ist der Einstieg in ein neues Geschäfts-feld – sowohl technologisch als auch marktseitig. Dafür bauen wir einen neuen Standort in Chongqing. Es ist zudem gut möglich, dass wir auch im Kerngeschäft schneller wach-sen werden als geplant.Wie sehen Sie den Zusam-menhang zwischen Wachs-tum und Nachhaltigkeit?GERSTENMAYER:Wachstum um des Wachstums Wil-len – das tun wir nicht. Wir 07Leiterplattenindustrie mit. Anfangs wurden wir dafür belächelt, als wir uns in China über Wasserrecycling und Energieeinsparung Gedanken gemacht haben – heute werden wir dafür beneidet, weil wir damit einen Wettbewerbsvorteil haben. Am Ende hilft es nicht, die Firma grün anzumalen – man braucht eine logische Verbindung zwischen dem wirtschaftlichen Erfolg und dem Verhalten des Unternehmens im Bereich Umweltschutz, Mitarbei-ter, Umfeld. Ein Unternehmen, das hier nicht verantwortungsvoll han-delt, wird auch wirtschaftlich nicht nachhaltig erfolgreich sein können. Welche Herausforderungen gibt es in Sachen Nachhaltigkeit in der Leiterplattenindustrie?GERSTENMAYER: Da ist einerseits das Thema Res-sourcenverbrauch, denn wir setzen viele wertvolle Rohstoffe ein – beispiels-weise mehr als 500 Kilo Gold pro Jahr. Da müssen die Prozesse effi zient sein, sonst schütte ich kiloweise Gold in die Kanalisation. Dieser wirtschaft-liche Antrieb hilft, ÅANDREAS GERSTENMAYERDer 50-Jährige ist seit 2010 Vorstandsvorsitzender des österreichischen Leiterplattenherstellers AT&S und Vorsitzender des steirischen Forschungsrates. 2014 wurde Gerstenmayer zum „CEO des Jahres“ in der Kategorie Prime Market gewählt. Nach seinem Studium der Produktionstechnik an der FH Rosenheim stieg der Diplomingenieur 1990 in den Siemens-Konzern ein, wo er verschiedene Führungspositionen übernahm, unter anderem als Geschäftsführer der Siemens Transportation Systems Österreich. Von 2009 bis 2012 war Gerstenmayer Gesellschafter der FOCUSON Business Consulting GmbH. haben dazu eine sehr gesunde Einstellung und wollen Wachstum nachhaltig über Technologie errei-chen. Grundsätzlich haben wir seit Jahr-zehnten eine ganz klare Politik, wie wir uns an unse-ren Standorten verhalten. Wir set-zen überall hohe Umweltstandards, in China sind wir ein echter Vor-reiter und arbei-ten aktuell an den Standards der Die 1987 gegründete Austria Technologie & Systemtech-nik AG – kurz AT&S – ist ein weltweit führender Leiterplat-tenproduzent mit Sitz in Leo-ben. AT&S versorgt zahlreiche Sektoren – von der Mobilfunk-branche, der Automobil- und Industrieelektronik bis hin zur Medizintechnik – mit technologisch hochwertigen Leiterplatten und treibt die Entwicklung neuer Lö-sungen für eingebettete Leistungselektronik innovativ voran. Neben Produktionsstandorten in Leoben und Fehring ist das Unternehmen mit Werken in Korea, Indien und China international aufgestellt. AT&S beschäftigt weltweit rund 8.000 Mitarbeiter und erwirtschaftete im Geschäftsjahr 2013/14 einen Umsatz von knapp 590 Mio. Euro. Umweltschäden zu vermeiden. Das-selbe gilt natürlich auch für andere Rohstoffe wie Kupfer, Palladium, Silber oder Zinn. Andererseits birgt auch das Thema Mitarbeiter Heraus-forderungen – immerhin beschäfti-gen wir allein an unserem Standort in Shanghai fast 5.000 Mitarbeiter. Üblicherweise hat man in China mit einer hohen Fluktuation von bis zu zehn Prozent im Monat zu kämpfen – wir liegen bei 3 bis 5 Prozent, was bei 5.000 Menschen immer noch eine Menge ist. Gerade in China hilft es nicht, nur vernünftige Löhne zu zahlen, man muss auch andere Bene-fi ts bieten. Bei uns gibt es ein ganzes Paket, das von der Gesundheitsvor-sorge über Shuttlebusse bis hin zur Mitarbeiterkantine und ärztlichen Versorgung reicht. Dazu kommt Wei-terbildung: Beispielsweise haben wir mit der Open University ein Angebot speziell für Vorarbeiter aufgesetzt. Viele der Absolventen können wir ans Unternehmen binden. Hilft die Eigentümerstruktur der AT&S beim Thema Nachhaltigkeit? GERSTENMAYER: Um die Mitarbei-ter muss man sich in jeder Eigen-tümerkonstellation kümmern. Generell hilft es aber, zwei Kernak-tionäre zu haben, die langfristig an der Unternehmensent-wicklung interessiert sind. Das gibt Rückhalt bei großen Investitionen und ermöglicht Kon-tinuität in der Stra-tegie. Umgekehrt ist es natürlich nicht immer einfach, mit den Erwartungshaltungen des Kapitalmarkts langfristige Ziele zu verfolgen. Auch wir werden an Quartalen gemessen, dabei ist das Quartal lediglich ein interessanter Meilenstein unter dem Jahr, aber nicht mehr. Gleichzeitig wird heute auch seitens des Kapitalmarkts erwartet, dass ein gut geführ-tes Unternehmen sich vernünftig benimmt und keine langfristigen Schäden verursacht. Und wenn es beim Ressourcenverbrauch auch noch Kosten einspart, wird das umso positiver aufgenommen. Wie ist CSR im Unternehmen positioniert?GERSTENMAYER: Im Kern bauen wir auf einem gemeinsamen Ver-ständnis von CSR auf. In einzelnen Bereichen wie Umweltschutz und Mitarbeiter gibt es dazu auch klare zentrale Vorgaben, grundsätzlich muss aber jeder Standort vor Ort entscheiden, wie CSR im Detail umgesetzt wird. Das ist sehr kultur-spezifi sch, selbst Shanghai unter-scheidet sich deutlich von unserem neuen Standort in Chongqing – der immerhin 1.700 Kilometer entfernt ist. Wir sind also in der Umsetzung wie wohl die meisten internationa-len Unternehmen sehr lokal geprägt – was meines Erachtens eine Vor-aussetzung für Erfolg ist.Welche Rolle spielt Innovation in der Leiterplattenindustrie?GERSTENMAYER: Man könnte mei-nen: So eine Leiterplatte, ein grünes oder schwarzes Brettl – was kann die schon? Die Leiterplattenindus-trie ist sicherlich nicht die Bran-che, die große Trends setzen kann, aber wir machen viele Trends erst möglich. Nehmen wir das Mobilte-lefon: Vor zehn Jahren konnten Sie gerade einmal telefonieren und SMS schreiben. Die Leistungsfähigkeit eines heutigen Smartphones ist hin-gegen gigantisch. Der Trend geht zu immer kleineren und funktionale-ren Geräten – und wir ermöglichen diesen Trend, indem wir mit der Lei-terplatte viel Technologie und viel Funktionalität auf immer kleinerem Bauraum unterbringen. Wie sehr sehen Sie Unternehmen als Treiber für globale Entwicklung?GERSTENMAYER: Am besten sieht man es natürlich bei den eigenen Mitarbeitern, vor allem bei jenen, die schon länger im Unternehmen sind. Solche gibt es trotz hoher Fluktuation auch in Shanghai, manche Mitarbeiter sind vor zehn Jahren zu uns gekommen, jung und frisch von der Schule. Damals war Shanghai noch nicht die boomende Stadt von heute. Inzwischen konn-ten sich diese Mitarbeiter einen gewissen Wohlstand erwirtschaf-ten und sich beispielsweise eine Eigentumswohnung kaufen. Sie konnten also am Wachstum und der Entwicklung von Shanghai teil-haben, was zugegeben nicht nur an AT&S liegt, sondern an der dorti-gen Industrialisierung insgesamt, wodurch ja letztlich diese Entwick-lung ermöglicht wurde. 08FOTOS: MIHAI M. MITREAcorporAID MagazinMai | Juni 201Die Leiterplat-tenindustrie ist sicherlich nicht die Bran-che, die große Trends setzen kann, aber wir machen viele Trends erst möglich. ANDREAS GERSTENMAYERLeiterplatten aus Leoben: AT&SDAS UNTERNEHMENLEISTUNGSSTARK Produkte von AT&SWelchen Beitrag leistet ein Unternehmen wie AT&S zur Schaf-fung von Wohlstand?GERSTENMAYER: Man muss ehr-lich sein: Unser Unternehmens-zweck ist es, mit ordentlichen Pro-dukten entsprechende Ergebnisse zu erzielen. So erwirtschaften wir die nötigen Mittel, um das Unter-nehmen weiterzuentwickeln, wie-der investieren zu können, Tech-nologieentwicklung betreiben zu können und damit die Märkte und Kunden vernünftig zu bedienen. Der Unternehmenszweck ist sicher-lich nicht, Wohlstandsbringer zu sein. Ja, wir müssen uns verant-wortungsbewusst verhalten, die Mitarbeiter ordentlich behandeln und bezahlen, mit den Ressourcen sorgsam umgehen – aber letztlich partizipieren die Mitarbeiter und das Umfeld am meisten, wenn das Unternehmen erfolgreich ist. Dann können sich auch Zulieferer gut ent-wickeln und die Kunden profitieren. Aber es kann nicht das primäre Ziel eines Unternehmens sein, Wohl-stand zu generieren – so funktio-niert die Marktwirtschaft nicht.Inwieweit müssen Sie in Schwel-lenländern das Umfeld mitgestal-ten, um überhaupt erfolgreich tätig sein zu können?GERSTENMAYER: Grundsätzlich müssen wir das, wobei das auch vom Reifegrad der jeweiligen Gesell-schaft abhängt. In China ist die allgemeine Entwicklung in den ver-gangenen Jahren sehr schnell gegan-gen, sowohl die gesellschaftliche, corporAID Magazin Mai | Juni 2015Es kann nicht das primäre Ziel eines Unterneh-mens sein, Wohlstand zu generieren – so funk-tioniert die Marktwirt-schaft nicht. ANDREAS GERSTENMAYERdie wirtschaftliche als auch unsere eigene Entwicklung. Hier ist es vor allem wichtig, dass man gute Kontakte zur regionalen Verwal-tung und Bevölkerung aufbaut, um letztendlich als guter Arbeitgeber und guter Corporate Citizen wahr-genommen zu werden. Indien ist da ganz anders. Hier ist die Entwick-lung nicht so rasant von statten gegangen, daher sind wir hier selbst gefordert: Man kann mit kleinen Investments schon viel Positives erreichen, beispielsweise durch die Errichtung einer Gesundheitssta-tion oder eines Kindergartens in der Nähe des Werks. Wir versuchen also je nach lokalen Gegebenheiten, das Umfeld um unsere Produktions-standorte mitzugestalten. Sie treiben als CEO das Unter-nehmen voran. Was treibt Sie per-sönlich an?GERSTENMAYER: Im Wesentli-chen ist es der Spaß am Gestalten. Sie haben gesagt, ich bewege das Unternehmen – zugegeben: Das macht Spaß! In unserer Industrie steht man angesichts der Dynamik des Geschäfts und des Umfelds immer wieder vor neuen Herausfor-derungen. Es vergeht kein halbes Jahr, in dem wir nicht Teile unse-res Geschäftsmodells neu orientie-ren müssen – das sind oft große Änderungen im Bereich Technolo-gie und Markt. Nehmen Sie allein den Mobilkommunikationsmarkt, wie schnell große Unternehmen kommen und gehen. Das heißt, Sie haben mit Siemens, Nokia oder Blackberry einen Mobilfunk-Groß-kunden, der innerhalb von einem oder zwei Jahren einfach nicht mehr da ist. Damit muss man in unserer Branche umgehen können, ohne permanent im Krisenmodus zu laufen. Gleichzeitig gibt es jedes Jahr signifikante Innovationen – und das alles zusammengenommen macht es einfach spannend. Dazu braucht man eben Spaß und sicher-lich auch die psychische und phy-sische Robustheit, das mitzuma-chen. Man muss also wollen, aber am Ende auch können. Und zwar ohne dass man jede Nacht schweiß-gebadet wach liegt – dann sollte man wahrscheinlich zumindest die Branche wechseln. AT&S hat rund 8.000 Mitarbeiter – wie gehen Sie mit dieser Verant-wortung um?GERSTENMAYER: Hoffentlich verantwortungsbewusst! Aber im Ernst: Grundsätzlich muss man sich seiner Rolle bewusst werden, die darin liegt, gemeinsam mit dem Management-Team die Rahmenbe-dingungen zu schaffen, damit die Mitarbeiter motiviert, effizient und erfolgreich arbeiten können. Das ist ein ganz wichtiger Punkt. Zusätz-lich sollte man jedem Einzelnen die Perspektive geben zu erkennen, wie er in der Erfüllung seiner jeweili-gen Einzelaufgabe dazu beiträgt, aus dem Kleinen ein großes Ganzes zu machen. Umgekehrt sollte man Management an sich auch nicht überschätzen. Vielen Dank für das Gespräch.09ANDREAS GERSTENMAYER im GesprächNext >