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corporAID MagazinP.B.B. VERLAGSPOSTAMT 1040 WIEN 13Z039704 MAUSGABE 60 Õ NOVEMBER | DEZEMBER 2015corporAID ist eine Initiative vonEntwicklungsziele: Ohne Wirtschaft wird‘s nicht gehenAustro-Innovation: Ein Pinzgauer 2.0 für BrasilienAMAG-Chef Helmut Wieser profi tiert vom UmweltschutzDAS ÖSTERREICHISCHE MAGAZIN FÜR WIRTSCHAFT, ENTWICKLUNG UND GLOBALE VERANTWORTUNGSchneller, besser und immer mehr. Die Logistik entdeckt laufend neue Wege von A nach B. Neu sind aber nicht nur Routen, Häfen und Transportmittel. Auch der Faktor Nachhaltigkeit bestimmt zunehmend die Fahrtrichtung.Logistik imUmbruchWien Energie, ein Partner der EnergieAllianz Austria. MACHEN IHR UNTERNEHMEN RUNDUM EFFIZIENT.Als Unternehmen möchten Sie Energie effizient nutzen. Wir zeigen Ihnen wie. Holen Sie sich unsere ExpertInnen an Ihre Seite und rollen Sie Energieeffizienz an Ihrem Standort völlig neu auf. Unser kompetentes Team identifiziert Optimierungspotenziale, entwickelt individuelle Lösungen und hilft bei der Umsetzung. Vereinbaren Sie gleich einen persönlichen Termin: effizienz@wienenergie.at oder 0800 500 710!JETZT TERMINVEREINBAREN! 0800 500 710www.wienenergie.atDie neuen Wege der Entwick-lungszusammenarbeit, die bei der corporAID Konfe-renz Ende September in der Raiffeisen Zentralbank diskutiert wurden, sind für unsere Leser alles andere als unbekannt. Dass Wirtschaft und Entwicklung auch in der Österreichischen Entwick-lungspolitik immer stärker ankommt, ist aber relativ neu – und ein Lichtblick. So schaffen wir zumindest die Voraussetzungen, dass unser Beitrag zu den neuen Sus-tainable Development Goals mehr als nur warme Luft ist. Was die Vereinten Nationen hier beschlossen haben, lesen Sie ab Seite 12. Das Dreierge-spräch ab Seite 15 dreht sich um den möglichen Beitrag der heimischen Wirtschaft, und ab Seite 36 erfahren Sie, wie auch Stiftungen hierzulande mehr für globale Entwicklung tun könnten. Wozu österreichi-sche Unternehmen in puncto Nachhaltigkeit und Wachstum imstande sind, lesen Sie im großen Interview mit AMAG-CEO Helmut Wieser ab Seite 6. Auf Seite 22 ein Rückblick auf unsere Konferenz.Eine anregende Lektüre!EditorialBERNHARD WEBERWirtschaft gestaltet Globalisierung.Und damit die Welt von morgen.Unternehmen schaffen Wohlstand.Und damit die Basis für Entwicklung.corporAID bewegt Unternehmen.Damit globale Armut von gestern wird.Unternehmen unterstützen corporAID:corporAID Magazin November | Dezember 201503IMPRESSUM Medieninhaber: ICEP Wirtschaft & Entwicklung GmbH, Möllwaldplatz 5, 1040 Wien, Tel. 01-9690254, offi ce@corporaid.at, www.corporaid.atHerausgeber: Bernhard Weber | Chefredakteur: Christoph EderGrafi k: Mihai M. MitreaRedaktion: Clemens Coudenhove-Kalergi, Ines Friedlmayer, Katharina Kainz-Traxler, Melanie Pölzinger, Ursula Weber, Gudrun ZimmerlAnzeigen: Nina Bennett, n.bennett@icep.atDruck: Styria GmbH & Co KG; Aufl age: 40.000 StückAbobestellung: abo@corporaid.atBLATTLINIE Als von politischen Parteien, Interessensvertretungen und Institutionen un-abhängige Initiative vertritt corporAID die Auffassung, dass wirtschaftliche Entwicklung eine entscheidende Grundlage von Armutsminderung und daher Globalisierung eine Chance für globale Entwicklung ist. Das corporAID Magazin möchte für globale Armutsbe-kämpfung etwas bewegen, indem es fundiert und sachgerecht zentrale Fragestellungen der Globalisierung für Wirtschaft und Gesellschaft beleuchtet, zum Verstehen des Zusam-menwirkens von Wirtschaft und Entwicklung beiträgt und die mit einer nachhaltigen Ge-staltung der Globalisierung verbundenen wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Chan-cen in den Horizont der österreichischen Wirtschaft rückt. corporAID bekennt sich zu den Grundsätzen der Meinungsfreiheit, der sozialen Gerechtigkeit, der öko-sozialen Markt-wirtschaft, des gegenseitigen Respekts sowie der Eigenverantwortung des Menschen.Die Ausgabe Jänner | Feber 2016 des corporAID Magazins erscheint am 17.12. im WirtschaftsBlatt.EINE INITIATIVE VONGEFÖRDERT VONSeit knapp 150 Jahren steht Rosenbauer für Innovation und wegweisende Technik im Bau von Feuerwehrfahrzeugen und Löschgeräten. Mit rund 3.000 Mitarbeitern und einem welt-weiten Service- und Vertriebsnetzwerk ist der Konzern in über 100 Ländern tätig.www.rosenbauer.comwww.facebook.com/rosenbauergroupInhaltINTERVIEW MIT HELMUT WIESERUmweltschutz ist Musik in unseren OhrenLEITARTIKEL Neue RolleDIE AKTUELLE ZAHL 15TERMINE & NACHLESEglobal.businessNACHHALTIGE ENTWICKLUNGSZIELEDie globale Baustelle ist eröffnet3ER GESPRÄCHVon Kompetenzen zum EntwicklungsbeitragENTWICKLUNGSBANKENGlobal vernetztnew.businessWIRTSCHAFT UND ENTWICKLUNG-KONFERENZMiteinander, selbstverständlich!TRANSPORTGüterverkehr: Starke Tendenz nach OstenINNOVATIONEin Pinzgauer mit vielen Stärkenethical.businessGOOD PRACTICE Wer Österreich bewegtSTIFTUNGENPolitisches Hick Hack um‘s StiftungswesenFORSTWIRTSCHAFTNützen und schützenWIRTSCHAFTSPARTNERSCHAFT Das Umfeld wächst mit 610104611121518212224303334364044Alle Inhalte fi nden Sie auch auf www.corporAID.atGüterverkehr: starke Tendenz nach Osten Die Logistikbranche steht vor einem Umbruch. Das Gravitationszentrum des Wachstums verla-gert sich Richtung Pazifi k, Asien und Afrika. Zugleich gilt es, Emissionen zu reduzieren. Vorbereitungen auf das neue Szenario laufen auch in Österreich auf Hochtouren. 243ER GESPRÄCHVon Kompetenzen zum EntwicklungsbeitragINTERVIEW MIT HELMUT WIESERUmweltschutz ist Musik in unseren Ohren05corporAID Magazin November | Dezember 2015INNOVATIONEin Pinzgauer mit vielen Stärken30615CORPORAID: Was bedeutet Globa-lisierung für Österreich? WIESER: Vor allem Chancen. Ohne Globalisierung würde es Österreich als Industrieland nicht mehr geben. Daher verstehe ich nicht, warum das Thema mitunter negativ behaf-tet ist. Ich denke dann immer, dass diese Personen oder Firmen wohl ihre Hausaufgaben nicht gemacht haben. Nehmen Sie nur die Wachs-tumsschwäche, mit der wir in Europa schon seit Jahren konfron-tiert sind – und vergleichen Sie das mit den USA oder China und Indien. Hier wächst nicht nur die Wirt-schaft, sondern auch die Bevölkerung. Das dortige Wirtschafts-wachstum ist fak-tisch ein Garant für unseren Wohlstand und unsere Arbeits-plätze. Ich sehe Glo-balisierung daher ganz stark als Stabilitätsfaktor. Nicht zuletzt investieren wir gerade wegen der Globalisierung in den Standort Österreich.Sie haben gerade mehr als 200 Mio. Euro in Ranshofen inves-tiert. Was sprach für den Standort Österreich? WIESER: Man schaut sich immer verschiedene Optionen an – China 06FOTO: MIHAI M. MITREAUmweltschutz ist Musik in unseren OhrenInterviewWenige Branchen profi tieren derart von zunehmendem Umwelt- und Klimaschutz wie die Aluminiumindustrie. AMAG-Vorstandsvorsitzender Helmut Wieser investiert daher massiv am oberösterreichischen Standort Ranshofen, um mit Flexibilität und Kundennähe der steigenden Nachfrage aus Automotive und Luftfahrt gerecht zu werden.DAS GESPRÄCH FÜHRTE BERNHARD WEBER.Åund die USA sind für uns immer spannende Märkte. Nicht zuletzt aufgrund der demografi schen Ent-wicklung ist auch Mexiko für uns interessant. Grundlage der Stand-ortentscheidung für Ranshofen ist die eingesetzte Technologie, mit der wir Aluminium bis zu 80 Prozent aus Schrott erzeugen können. Für Ranshofen spricht zudem die Nähe zu wichtigen Kunden wie BMW, Audi oder Mercedes. Auch Airbus hat viele Produktionsstätten und Zulieferer in Südbayern. Wir bezie-hen von unseren Kunden ja auch in hohem Ausmaß unser Rohmaterial, nämlich deren Aluminiumschrott. Unsere LKW fahren also voll gela-den hin und zurück. China impor-tiert Schrott aus Afrika und Ame-rika, wir nur aus einem Umkreis von bis zu 800 Kilometern. Dieses Kreislauf-Recyclingsystem, das nur wenige Erzeuger auf der Welt zustande bringen, spart 95 Prozent der Energie, die für die Gewinnung von Aluminium aus der Schmelz-fl uss-Elektrolyse nötig wäre. Sie können Aluminium unendlich oft recyceln – es gibt keinen anderen Werkstoff, mit dem das mit einem Abbrandverlust von nur zwei Pro-zent geht. Viele denken, dass wir in Ranshofen einen sehr hohen Stromverbrauch haben. Dabei wurde unsere Elektrolyse bereits vor 23 Jahren an unsere kanadische Tochterfi rma Alouette ausgeglie-dert, wo wir Primäraluminium mit Strom aus Wasserkraft produzieren.Der entscheidende Faktor für den Ausbau von Ranshofen ist also die Nähe zu Kunden und Lieferanten? WIESER: Das ist ein wesentlicher Punkt. Wir haben aber zudem ein hohes Ausbildungsniveau in Öster-reich – und zwar sowohl bei der dualen als auch bei der universi-tären Ausbildung. Wir bieten etwa den besten Studenten die Möglich-keit, ihre Diplomarbeit oder Disser-tation bei uns zu machen. Einige bleiben nach ihrem Abschluss bei uns – und können sich problemlos mit den Absolventen von Eliteuni-versitäten messen. Auch viele unse-rer Lehrlinge sprechen übrigens hervorragend Englisch. Weiters sind wir in Österreich mit HTL und Fachhochschulen gut aufgestellt. Wobei es natürlich sein kann, dass meine Perspektive etwas einseitig ist, da wir aufgrund unseres guten Namens wahrscheinlich nur mit den Besten zu tun haben.Wie sehen Sie die Wettbewerbs-fähigkeit Österreichs allgemein?WIESER: BMW hat in den ver-gangenen fünf Jahren Umsatz und Ergebnis Jahr für Jahr gesteigert – an solchen Unternehmen richten wir uns aus. Wenn Sie heute an diese liefern, Ihre Konkurrenzfä-higkeit aber nicht weiterentwickeln, dann liefern Sie schon sehr bald nicht mehr. Über Konkurrenzfähig-keit kann man immer diskutieren. Wenn Sie aber mit großen Firmen langjährige Lieferverträge haben und dabei Geld verdienen, können Sie davon ausgehen, konkurrenzfä-hig zu sein. Unternehmen wie das unsere gibt es viele in Österreich: Ein Exportanteil von 85 Prozent spricht ohnehin für sich. Aber auch wenn ich mich jetzt gerade aus meiner langen Aus-landserfahrung heraus so deutlich für den Standort Österreich aus-spreche, heißt das nicht, dass sich die Politik nicht stärker bemühen müsste. Wir fallen in allen ein-schlägigen Rankings zurück – das ist schlecht.Ohne Globalisierung würde es Österreich als Industrieland nicht mehr geben. Daher verstehe ich nicht, warum das Thema mitunter negativ behaftet ist. HELMUT WIESERcorporAID Magazin November | Dezember 20107HELMUT WIESER Der 62-jährige Oberösterreicher übernahm 2014 den Vorstandsvorsitz des österreichischen Aluminiumkonzerns AMAG Austria Metall AG. Wieser ist seit knapp 25 Jah-ren in der Aluminiumindustrie tätig, zuletzt als Manager beim US-Konzern Alcoa. Nach seinem Studium an der TU Graz war der Maschinenbauingenieur zunächst für die Voest und von 1990 bis 2000 in verschiedenen Managementposi-tionen bei der AMAG tätig. corporAID Magazin November | Dezember 2015Die AMAG Austria Metall AG ist der größte österrei-chische Aluminiumerzeuger und produziert am oberösterreichi-schen Standort Ranshofen sowie im kanadischen Alouette hoch-qualitative Walzprodukte, Gusslie-ferungen und Primäraluminium für den Maschinenbau, die Automobil- und Luftfahrtindustrie, die Transport-, Elektro- und Bauindustrie sowie Ski- und Sportartikelhersteller. Die AMAG wurde 1938 als Aluminiumhütte gegründet, 1948 als Österreichische Metallwerke AG verstaatlicht und 1996 privatisiert. Mit einer Belegschaft von rund 1.800 Mitarbeitern wurde im Geschäftsjahr 2013/14 ein Umsatz von knapp 590 Mio. Euro erwirtschaftet. Wie geht es Ihnen mit den Umwelt-schutzaufl agen in Österreich?WIESER: Ich war jetzt 15 Jahre im Ausland – Umweltaufl agen haben Sie überall. Auch in Russland sieht man sich mit stren-gen Umweltaufl agen konfrontiert. Das ist auch in Österreich so – und wir erfül-len das. Gut möglich, dass es vor 20 Jahren in Polen oder Rumä-nien eine Deponie gab, auf die keiner schaute – aber das ist längst Vergangen-heit. Und selbst wenn es so etwas noch irgendwo geben sollte, könn-ten wir es uns als AMAG einfach nicht leisten, gegen irgendwelche Umweltrichtlinien zu verstoßen. Wir arbeiten mit Top-Kunden in einem Premium-Segment, wir leben vom Vertrauen unserer Kunden. Das heißt auch, dass wir nachhaltig wirtschaften müssen und unseren Ruf nicht durch nachlässigen Umweltschutz gefährden dürfen.Ist Umweltschutz Treiber oder Bremse für die AMAG? WIESER: Auf alle Fälle ers-teres. Beispielsweise macht Airbus die Vor-gabe, dass jeder neue Flugzeugtyp leichter als das Vorgänger-modell sein muss. Es gibt die Faust-regel, dass jedes Kilo weniger über die Lebenszeit eines Flugzeugs 100.000 Dollar an Treibstoffkosten einspart. Bei jeder neuen Generation sprechen wir also von rund 20 Prozent Treibstoffein-sparung. Für den Automobilbereich besteht in den USA die gesetzliche Regelung, dass der durchschnitt-liche Kraftstoffverbrauch bis 2025 um mehr als die Hälfte reduziert werden soll. Das ist Musik in unse-ren Ohren! In Europa soll der CO2-Ausstoß von heute durchschnittlich 140 Gramm pro 100 Kilometern auf 95 Gramm sinken – das ist eine Welt und bedeutet, dass im Schnitt jedes Auto rund 100 Kilo leichter werden muss. Wir als AMAG sind daher sowohl in der Flugzeug- als auch in der Automobilindustrie enorm gefordert, entsprechend leichte Alu-miniumteile zu liefern. Wie treiben Sie Innovation voran?WIESER: Vor allem im Unterneh-men, denn im Prinzip muss uns jeden Tag etwas Neues einfallen. Das klingt vielleicht simpel, ist es aber keineswegs. Meine Mitarbeiter arbei-ten dafür eng mit den Herstellern zusammen. Mit unseren wichtigen Kunden sind also nicht nur unsere Verkäufer in Kontakt, sondern auch die Ingenieure und Recycling-Exper-ten – wir sprechen hier von Applica-tion Engineering, also Anwendungs-technologie. Hier liegt unsere große Stärke. Hinzu kommt, dass wir als mittelgroßes Unternehmen ziemlich fl exibel sind. Gleichzeitig brauchen wir einen hohen Grad an Zuverläs-sigkeit. Wenn Sie sowohl mit Boeing als auch Airbus oder mit Audi und BMW zusammenarbeiten, brauchen Sie strenge Firewalls zwischen den einzelnen Teams.Wo sehen Sie die Grenzen Ihres Wachstums? WIESER: Es werden derzeit fast 85 Millionen Autos pro Jahr erzeugt, und es werden noch mehr. Dabei ist es so, dass der Aluminiumanteil steigt – insbesondere im höher-preisigen Segment. Die Karosserie der früheren Mercedes C-Klasse bestand zu weniger als zehn Pro-zent aus Aluminium, bei der neu-esten Generation sind es bereits 08FOTOS: MIHAI M. MITREAgazin November | Dezember 201LeichtgewichtDAS UNTERNEHMENHEADQUARTER der AMAG im oberösterreichischen RanshofenWir investieren, weil die Nachfrage steigt. Es ist mir noch kein Kunde begegnet, der nicht gesagt hat: Ich will mehr von euch! HELMUT WIESERAMAG-CEO Helmut Wieser im Gespräch mit Bernhard Weber50 Prozent. Früher hatte man Stahl-felgen, heute gibt es praktisch nur mehr Aluminiumfelgen. Auch unser zweiter Hauptkunde, die Flugzeug-industrie, wird sich in den nächsten 20 Jahren verdoppeln. Hier unsere Kapazitäten entsprechend aufzusto-cken, ist eine Herausforderung: Da müssen wir ein 300 Mio. Euro-Pro-jekt managen. Wir investieren, weil die Nachfrage von praktisch jedem Kunden steigt. Es ist mir noch kein Kunde begegnet, der nicht gesagt hat: Ich will mehr von euch! Das gibt schon Zuversicht.Wie weit war der Weg von einem verstaatlichten Unternehmen zu Beginn der 1990er Jahre zur heuti-gen Erfolgsstory?WIESER: Es hat 20 Jahre gedauert, dieses Unternehmen zu transfor-mieren – von 1992 bis zum Börsen-gang 2011. Dabei ging es einerseits darum, den Einfl uss der Politik zu beenden und zu erreichen, dass kein Minister mehr anruft – ich glaube nicht, dass der Staat ein guter Eigentümer ist. Es war aber auch schwierig, den Mindset der Mitarbeiter zu ändern, dass ich mein Geld nicht mehr unabhängig von meiner Leistung bekomme. Früher hat die verstaatlichte Indus-trie ständig Subventionen erhalten, heute stemmen wir unsere Investi-tionen aus unseren Überschüssen. Die Mitarbeiter sind am Unterneh-men mit etwas mehr als 11 Prozent beteiligt. Damit haben Sie auch corporAID Magazin November | Dezember 2015intern keine Diskussion, ob jemand arbeiten möchte oder nicht.Wie gehen Sie mit der gesell-schaftlichen Verantwortung um?WIESER: Den größten Nutzen für die Gesellschaft bringen wir, wenn wir wirtschaftlich erfolgreich sind. Der Multiplikatoreffekt unserer Investitionen für die österreichi-sche Wirtschaft liegt ungefähr bei fünf. Ich war im vergangenen Jahr-zehnt in den USA tätig, und dort hat das soziale Engagement von Unter-nehmen eine große Bedeutung – ich selbst war in eine Vielzahl von Sozi-alprojekten involviert, die über die Unternehmensstiftung umgesetzt wurden. Bei der AMAG setzen wir stark auf Community Engagement, vor allem bei uns am Standort im Innviertel. Also dort, wo unsere Mitarbeiter und ein Teil unserer Lieferanten sind. Daher unterstüt-zen wir auch Freiwilligenarbeit der Belegschaft im Sozialbereich.Spüren Sie hier auch vom Kapi-talmarkt einen gewissen Druck?WIESER: Immer mehr – und jeder, der es noch nicht sieht, ist auf dem falschen Weg. Auch immer mehr Kunden verlangen von uns, dass wir uns mit diesen Themen qualifi ziert auseinandersetzen. Ich persönlich mache das aber aus innerer Über-zeugung – schon in den vergangenen zehn Jahren habe ich Verantwortung und Nachhaltigkeit mitgestaltet, mit-getragen, mitgefühlt – und das in einem vergleichsweise schwierigen Umfeld in den USA. In unserem ersten Nachhaltigkeitsbericht 2013 haben wir unser Engagement struk-turiert. Der Bericht deckt die vielen Themen ab, die sich nicht zuletzt aus einem Nachhaltigkeits-Dialog mit Kunden, Anrainern, Mitarbei-tern und Lieferanten ergeben haben. Heuer planen wir für unseren zwei-ten Bericht zusätzlich eine Online-Befragung – wir orientieren uns damit noch stärker an den Richtli-nien der Global Reporting Initiative. Sie haben Ihr ganzes Leben lang Dinge vorangetrieben. Was treibt Sie persönlich an?WIESER: Ganz Österreich ist beim Fußball heute euphorisch angesichts der tollen EM-Qualifi kation. Der Trainer hat hervor-ragende Arbeit geleis-tet, und es wird ihn ungemein zufrieden stimmen, wenn er die Euphorie spürt. Bei mir ist das ähn-lich: Ein Unternehmen weiterzuentwickeln, ein innovatives Umfeld zu schaf-fen und zu sehen, wie die erzeugten Produkte einen Bedarf decken und Wohlstand schaffen – das befrie-digt ungemein. Mich treibt die Her-ausforderung an, in Österreich zu investieren – obwohl man da und dort hört, dass das nicht ginge – und dann mit den Produkten beim Kun-den zu landen und Erfolg zu haben. Vielen Dank für das Gespräch.09Mich treibt die Herausforderung an, in Österreich zu investieren, obwohl man da und dort hört, dass das nicht ginge. HELMUT WIESERNext >